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Heidrun Lange-Krach // Die frühen Humanisten, ihre Kunstsammlungen und Handelsnetzwerke

Projektbeschreibung

 

 

Ulrich von Hutten (1488-1523) war ein wortgewaltiger Gelehrter und, als ehemaliger Söldner, auch ein kampferprobter Fechter für die Reformation. Aus dem niederen Adel stammend, verstand er sich als Angehöriger zweier Welten: als Ritter und Humanist. In seinen jungen Jahren studierte er unter anderem in Italien, wo er sich aus Geldnot im kaiserlichen Heer verdingen musste. Von 1514 bis 1519 diente er am Hof Albrechts von Brandenburg und setzte seine Studien auf Geheiß des Kurfürsten in Italien fort. Aus seiner schriftstellerischen Frühzeit sind vor allem die satirischen sogenannten „Dunkelmännerbriefe“ heute noch bekannt, damals galt er als einer der führenden Autoren humanistischer Literatur und erhielt 1517 von Kaiser Maximilian I. den Rang eines „poeta lauretaus“. Nach der Veröffentlichung von Luthers Thesen verschärfte sich in Huttens Schriften der Tonfall gegenüber der römischen Kurie deutlich, was 1519 zu seinem Ausscheiden aus dem Mainzer Hofdienst führte. 1520 war er wie Luther von der päpstlichen Bannbulle betroffen und fand bei Franz von Sickingen, dem als „Vater der Landsknechte“ gerühmten Heerführer, Unterschlupf. In den folgenden Jahren radikalisierte sich Hutten zunehmend, erst literarisch und in den sogenannten „Pfaffenkriegen“ sogar bewaffnet. Gerade Letztere, auch von Luther kritisiert, führten zu seiner Isolation. Als schließlich sein Gönner Sickingen im Mai 1523 verstarb, musste er nach Zürich flüchten, wo er im August desselben Jahres an der Syphilis verstarb.

Huttens turbulente Biografie spiegelt sich in den Autorenporträts, die seinen Werken beigefügt sind. Schon 1517 ist ein einflussreicher Holzschnitt mit seinem Brustbild als Edelmann für eine seiner politischen Schriften, den „Phalarismus“, geschaffen worden. 1520 ändert sich das öffentliche Auftreten Huttens im Bild radikal: In voller Reiterrüstung (dem Küriss) und mit Lorbeer gekrönt tritt er in vier verschiedenen Autorenportäts seinen Lesern entgegen. Diese Inszenierung wurde sofort in propagandistischen Drucken aufgegriffen und über Jahrhunderte hinweg als Ikone des „Kämpfers für die Freiheit“ rezipiert. Damit war Hutten offenbar einer der frühesten Humanisten, die aktiv „self-fashioning“ betrieben; Luthers frühestes druckgrafisches Porträt iwurde erst 1520 veröffentlicht.

Trotz Huttens zentraler Rolle für die Druckgrafik seiner Zeit ist wenig über seine Autorenporträts bekannt: Gab er sie selbst in Auftrag, oder arbeiteten seine Verleger an der nahezu ikonischen Vermarktung des Ritters? Versuchte er selbst, mittels Einblattholzschnitten  für seinen „Pfaffenkrieg“ zu werben, oder sind sie von bisher unbekannten Nutznießern seiner Popularität im Stil Huttens verfasst und veröffentlich worden?

Das sonst vor allem bei Luther und Dürer bekannte Phänomen des „self-fashioning“ und seine Verselbstständigung machen eine Trennung von Selbstinszenierung und ihrer Wiederverwendung in protestantischen Drucken notwendig. Dazu muss vorab geklärt werden, welcher Bildtypus wann und von wem verwendet wurde. Auch die Abhängigkeit der Porträts untereinander und deren ikonografische Einordnung sind bisher nur rudimentär erforscht. Des Weiteren möchte dieses Projekt das auffallend frühe und äußerst medienwirksame Beispiel von „self-fashioning“ mit anderen Autorendarstellungen im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts vergleichen und so klären, ob es sich tatsächlich um ein Alleinstellungsmerkmal Huttens handelt.

Momentan laufende Untersuchungen an den sterblichen Überresten Huttens der Universität Zürich lassen außerdem hoffen, die Frage nach der Porträtähnlichkeit der Autorenbilder tatsächlich belastbar klären zu können.

Team