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Katrin Pietrass // Identitätskonzepte in Michelangelos Selbstdarstellungen

Projektbeschreibung

Das Dissertationsprojekt beabsichtigt, Michelangelo Buonarrotis Strategien künstlerischer Selbstdarstellung auf die in ihnen manifestierten Identitätskonzepte hin zu untersuchen. Dabei wird postuliert, dass den Kunstwerken ein differenziertes Rollenhandeln zu Grunde liegt, indem sich der Künstler zum Beispiel als Liebender oder als Glaubender präsentiert. Die angestrebte historisch-kritische Gesamtbetrachtung ermöglicht zum einen die Einbindung sämtlicher künstlerischer Selbstinszenierungen und gestattet zum anderen, Michelangelos Selbstdarstellung als ein in komplexe gesellschaftliche Mechanismen eingebettetes Phänomen zu analysieren und aus konkreten Kontexten heraus neu zu interpretieren.

In Anlehnung an den Kulturhistoriker Peter Burke und den Soziologen Erving Goffman lässt sich die Renaissance als Theatergesellschaft beschreiben und das Rollenspiel als eine Grundkategorie zeitgenössischen Verhaltens benennen. Strukturelle Normen bestimmen das Zusammenleben der Individuen und geben Grundregeln für die Ausgestaltung sozialer Rollen vor, was sich in besonders prägnanter Form an den Höfen herausbildet und beispielsweise auch die detaillierten Verhaltensregeln für Künstler begründet, die in Traktaten aufgestellt werden. Basierend auf antiken Diskursen zu den Bedeutungsdimensionen von persona, Maske und Rolle kennzeichnen entsprechende Konzepte frühneuzeitliche Identitätsvorstellungen. Vor diesem Hintergrund lässt sich Michelangelos künstlerischer Selbstausdruck charakterisieren: Rollen, die er auf den Bühnen des Lebens einnimmt, treten in den Kunstwerken als visualisierte Identitätsentwürfe zu Tage.

Unter Rückgriff auf sozialgeschichtliche, kulturanthropologische und soziologische Ansätze wird beantwortet, inwieweit sich Michelangelo im Wechselspiel von Fremd- und Selbstbestimmung in gesellschaftlich diktierte Rollenspiele einfügt, oder ob er vielmehr gegen tradierte Konventionen, gerade im ausdrücklichen Gegensatz zum Rollen- und Maskenspiel seiner Umgebung agiert und eigene Modi authentischer Selbstdarstellung etabliert. In der Weiterführung dieser Überlegungen erhält die  Definition der Künstlerrolle Michelangelos auf der Basis der Ausgestaltung einer sozialen Rolle neue Impulse und bildet differenziertere Lesarten aus. Ferner bleibt zu fragen, ob die Zeitgenossen die den Kunstwerken einbeschriebenen Selbstentwürfe erkennen und gegebenenfalls sogar zu deuten vermögen. Zudem soll untersucht werden, wie andere Künstler unterschiedliche Medien für die Konstruktion und Artikulation von Identität verwenden.

Kontakt

Prof. Dr. Iris Lauterbach

Team