Nach der Landung der Alliierten auf Sizilien im Juli 1943 und der Amtsenthebung Mussolinis besetzten deutsche Truppen Italien und installierten einen Generalbevollmächtigten des Deutschen Reiches sowie das Regime der Repubblica Sociale Italiana. Wie schon zuvor im besetzten Frankreich wurde gemäß der Haager Landkriegsordnung, einer internationalen Konvention von 1899 bzw. 1907, im Rahmen der deutschen Militärverwaltung im Herbst 1943 auch in Italien eine Abteilung für „Kunst-, Archiv- und Bibliotheksschutz“ eingerichtet. Die Tagung beschäftigt sich mit den Voraussetzungen, speziellen Bedingungen und der Durchführung des „Kunstschutzes“ in Italien. In den Dienststellen Rom und Florenz, später Mailand und zuletzt Fasano del Garda, arbeiteten namhafte deutsche Kunsthistoriker hauptamtlich oder ehrenamtlich für die „Abteilung Kunstschutz“, darunter Hans Gerhard Evers, Werner Haftmann, Ludwig Heinrich Heydenreich, Leo Bruhns, Otto Lehmann-Brockhaus, Leopold Reidemeister und Herbert Siebenhüner. Zu ihrem Tätigkeitsfeld gehörte vor allem die Erfassung schützenswerter Bauwerke, die Beratung der italienischen Behörden bei Sicherungsmaßnahmen teilzerstörter Bauten, die Errichtung von Schutzbauten sowie die Organisation der Auslagerung beweglicher Kunstgegenstände in Depots. In diesem Zusammenhang wurden auch Verbote für die Belegung von Gebäuden durch eigene Truppen ausgesprochen. Im Verlauf des Jahres 1944 rückte die fotografische Dokumentation der durch alliierte Luftangriffe verursachten Schäden an Kulturdenkmälern in den Vordergrund der Aktivitäten. Diese Wendung zur Kulturpropaganda veranschaulicht ein in der Photothek des ZI erhaltenes Konvolut von rund 1500 Fotografien, das als das vom „Kunstschutz“ angelegte „Fotoarchiv zerstörter Kunstwerke“ identifiziert werden konnte. Eine Ausstellung mit exemplarischen Aufnahmen wird am 6. Mai eröffnet. Die Fachtagung will die internationalen Forschungen zum „Kunstschutz“ in Italien bündeln, über aktuelle Arbeitsvorhaben informieren und Desiderate benennen. Sie fragt dabei auch nach den Grenzen kunsthistorischer und denkmalpflegerischer Tätigkeit im Krieg und nach dem Verhältnis von Kunstgeschichte und (Kultur-)Propaganda aus Sicht der Deutschen, Italiener, Briten und Amerikaner.
Faltblatt zum Download als PDF
Programm
Donnerstag, 6. Mai 2010
14.15 Uhr Begrüßung
Grußworte: - Generalkonsul Adriano Chiodi Cianfarani, Consolato Generale d'Italia a Monaco di Baviera - Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien - Ministerialdirigent Toni Schmid, Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
14.45 Uhr Ruggero Ranieri, Uguccione Ranieri di Sorbello Foundation, Perugia The Allies and the Protection of Cultural Heritage in Italy during the Second World War
Kaffeepause
16.00 Uhr Christian Fuhrmeister, ZI Der Deutsche Militärische Kunstschutz in Italien – Forschungsstand, Fragen, Desiderate
16.45 Uhr Elena Franchi, Laboratorio di Arti Visive – Scuola Normale Superiore di Pisa Trust and suspicion: the difficult relationship between the Repubblica Sociale Italiana and the Kunstschutz. Some controversial events
17.30 Uhr Kommentar: Carlo Gentile, Universität Köln
Pause
18.15 Uhr Abendvortrag Lutz Klinkhammer, Deutsches Historisches Institut, Rom Raub oder Schutz? Der italienische Kunstbesitz und die Aktivitäten deutscher Dienststellen im besetzten Italien 1943-1945
19.30 Uhr Stephan Klingen, ZI Eröffnung der Ausstellung im Lichthof Nord Dokumentation und Propaganda im Fotoarchiv des Deutschen Militärischen Kunstschutzes in Italien 1943-1945
Anschließend Umtrunk
Freitag, 7. Mai 2010
9.15 Uhr Kai Kappel, Johannes Gutenberg-Universität Mainz Wege zum Kunstschutz? Die Bildsprache der deutschen Ruinenfotografie
10.00 Uhr Ralf Peters, ZI Die Jagd nach dem Foto – Das Bildarchiv des Deutschen Militärischen Kunstschutzes in Italien
Kaffeepause
11.15 Uhr Regine Schallert, Bibliotheca Hertziana (Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte), Rom Sonderführer Hans Werner Schmidt
12.00 Uhr Carlotta Coccoli, Università di Brescia The Italian Monuments and War: Preventative protection, first aid and repairs. The role of the Monuments, Fine Arts and Archives Subcommission in Italy during the Second World War
12.45 Uhr Kommentar: Rolf Sachsse, Hochschule der Bildenden Künste Saar, Saarbrücken
13.00 Uhr Mittagspause
14.15 Uhr Alessandra Ciangherotti, British School, Rom The J.B. Ward-Perkins photographic collection: the War Damage Series. An overview
15.00 Uhr Costanza Caraffa, Alessandro Nova, Gerhard Wolf, Kunsthistorisches Institut in Florenz – Max-Planck-Institut Der „Kunstschutz“ und das Kunsthistorische Institut in Florenz
Kaffeepause
16.15 Uhr Michael Wedekind, Westfälische Wilhelms-Universität Münster Nationalsozialistische Kulturpolitik in den Operationszonen „Alpenvorland“ und „Adriatisches Küstenland“ 1943 – 1945
17.00 Uhr Nigel Pollard, Swansea University War damage to monuments and works of art of the Greco-Roman period in Italy
17.15 Uhr Kommentar: Christina Kott, Institut d'histoire du temps présent, Paris
Pause
18.15 Uhr Abendvortrag Lucia Allais, Princeton University “How to miss cultural sites” – The American Protection of European Monuments from Aerial Bombing during World War II: the Case of Italy
Samstag, 8. Mai 2010
10.00 Uhr Cecilia Ghibaudi, Pinacoteca di Brera, Milano 1943-1945: La Pinacoteca di Brera a Milano e la seconda guerra mondiale
Kaffeepause
11.15 Uhr Martin Moll, Karl-Franzens-Universität Graz Bildpropaganda der Wehrmacht
12.00 Uhr Kommentar: Thomas Hensel, Universität Siegen
12.15 Uhr Abschlussdiskussion: Elena Franchi, Laboratorio di Arti Visive – SNS Pisa Rainer Volk, Bayerischer Rundfunk Johan Schloemann, Süddeutsche Zeitung Kerstin von Lingen, Universität Heidelberg Lutz Klinkhammer, Deutsches Historisches Institut, Rom
13.15 Uhr Ende der Tagung
Information und Anmeldung
Auf die regulären Vorträge (maximal 30 Minuten) folgt eine Diskussion (maximal 15 Minuten); für die Kommentare sind 10-15 Minuten vorgesehen. Tagungssprachen sind Deutsch, Englisch und Italienisch (Vortrag Cecilia Ghibaudi); es gibt keine Übersetzungen. Die Teilnahme an der Tagung ist kostenlos. Aus organisatorischen Gründen bitten wir jedoch um Anmeldung unter der E-Mail-Adresse: kunstschutz@zikg.eu
The conference takes place in the lecture hall (room 242); both English and German are used (presentation by Cecilia Ghibaudi in Italian); there are no translations. Attendance is free of charge, but we kindly request a registration by e-mail to kunstschutz@zikg.eu
Veranstaltungsort
Zentralinstitut für Kunstgeschichte Katharina-von-Bora-Straße 10 (vormals Meiserstraße 10) 80333 München
Vortragssaal (Raum 242) im 2.OG
|