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September 2017 // Spurensicherung: Künstlerpublikationen und Objekte aus dem Nachlass Günter und Sigrid Metken

Das Zentralinstitut für Kunstgeschichte hat die Bibliothek von Günter und Sigrid Metken geerbt. Die Sichtung und Bearbeitung dieser Schenkung hat kürzlich begonnen.

 

Günter Metken (1928-2000) war Kunsthistoriker und -kritiker, Essayist, Reiseschriftsteller und auch Ausstellungskurator. Er promovierte 1954 in München. Günter Metken und seine Frau Sigrid lebten seit 1955 als freie Autoren in Paris. Metken ist dem kunsthistorischen Fachpublikum nicht zuletzt als Ko-Autor des von den Metkens zusammen mit Werner Spies, der seit 1960 ebenfalls in Paris lebte, verantworteten Œuvre-Kataloges von Max Ernst bekannt. Zahlreiche kunstkritische Artikel Metkens, insbesondere Austellungsberichte, erschienen in Kunstzeitschriften und in der Tagespresse, zumal in der Süddeutschen Zeitung.  Sein mehrfach aufgelegtes Reisetagebuch Reisen als schöne Kunst betrachtet (1983, mit Fotos von Sigrid Metken) ist nur ein Beispiel für seine reiseschriftstellerische Tätigkeit. Metken, der während einer gemeinsam mit seiner Frau unternommenen Libyenreise an den Folgen eines Autounfalls verstarb, kuratierte auch mehrere Ausstellungen, darunter Spurensicherung (Hamburg , München, 1974), zusammen mit Uwe M. Schneede , einen Bereich der documenta 6 (1977) sowie Les Réalismes / Realismus (Paris, Berlin, 1980/1981).

Sigrid Metken (1928-2016), 1957 ebenfalls in München promoviert, hat  neben der Mitwirkung an Projekten ihres Mannes  eine eigene reiche publizistische Tätigkeit zu volkskundlichen Themen wie populäre Druckgraphik und Volksfrömmigkeit, speziell in Frankreich und Bayern, entfaltet.  

 

Korb

 

Als erste Würdigung des noch in Sichtung befindlichen Nachlasses Günter und Sigrid Metken präsentieren wir hier ein kleines Konvolut von Werken, mit denen es eine besondere Bewandtnis hat:  Zuletzt aufbewahrt in einem vielleicht mit Bedacht für diesen Zweck ausgewählten Picknickkoffer, handelt es sich wohl überwiegend um von beteiligten Künstlern Metken persönlich als Dank und Erinnerung an die Ausstellung Spurensicherung von 1974 bzw. den von Metken 1977 bei der documenta 6 kuratierten Bereich zugeeignete Werke.

Die zunächst im Kunstverein in Hamburg (6.4.-19.5.1974), danach aber auch in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München (29.5.-30.6.1974) gezeigte Ausstellung Spurensicherung versammelte Werke von Künstlern, die sich bei der Gestaltung ihrer Werke des Paradigmas des Sammelns ärchäologischer, volkskundlicher, botanischer, photographischer Dokumentation bedienten. Inspiriert von Claude Lévi-Strauss und bezugnehmend auf das von Harald Szeeman bei der documenta 5 1972 aufgegriffene Konzept der individuellen Mythologien, prägte Metken als gemeinsamen Nenner den Begriff der Spurensicherung, der sichtlich mit den intellektuellen Interessen der Metkens korrespondierte. Der Beitrag Metkens im ersten Band des Kataloges der documenta 6 von 1977 ist betitelt Schöne Wissenschaften oder die Archäologie des Humanen.

Die in dem rätselhaften Koffer enthaltenen Objekte bzw. Künstlerbücher von Boltanski, Messager, Nikolaus Lang (?), den Poiriers und von Windheim sind Unikate, die wahrscheinlich nie vorher ausgestellt wurden. Boltanski, Lang und die Poiriers gehörten bereits zu den Künstlern der Ausstellung 1974. Paul-Armand Gette und Dorothee von Windheim waren unter den bei der documenta 6 gezeigten Künstlern.

Zu dem von Metken geprägten Begriff der Spurensicherung siehe:

Mona Mollweide-Siegert: Dorothee von Windheim : Auf der Suche nach (Ab)bildern von Wirklichkeit.  – Weimar: VD, 2008. -  Zugl.: Bonn, Univ., Diss., 2008, dort S. 229-256.
(ZI-Signatur: D2-Win 130/98)

 

Christian Boltanski (*1944 in Paris)

Couteau [um 1974]

1 Gegenstand  (Länge 9,5 cm) in Blechschachtel 13 x 5,2 x 2,2 cm

Signatur: D2-Bol 710/18 Rarissima

 

Der Gegenstand entspricht den in der Ausstellung Spurensicherung 1974 gezeigten und im Ausstellungskatalog reproduzierten sog. Messern, wie sie Boltanski seit 1970 anfertigte. Günter Metken beschreibt dort diesen Gegenstandstyp wie folgt : "Ein Messer. Der Griff aus rohem, ungebeizten Holz ist mit Nessel und Druck umwickelt. Am oberen Ende ist die Schneide einer Rasierklinge (1 4 Fabr.Française) eingelassen, die durch den Draht im Halbkreis gebogen wird."

Das im Katalog enthaltene, 70 Nummern umfassende "Verzeichnis der Gegenstände für den künftigen Fonds Christian Boltanski im Archäologischen Museum zu Dijon" listet unter Inv.-Nr. 3 fünfundzwanzig "kleine Messer" auf.

In seiner anläßlich der documenta 6 publizierten Aufsatzsammlung Spurensicherung von 1977, wo eine auf 1973 datierte Vitrine der Pariser Galerie Sonnabend mit 43 solcher Messer reproduziert wird,  schreibt Metken im Kapitel Christian Boltanski : Inventare der Kindheit:

"Christian Boltanski macht zwischen 1969 und 1972 eine typisch bürgerliche, auf viele übertragbare Kindheit optisch verfügbar – daß er sie auch gelebt hat, ist in diesem Zusammenhang sekundär. Er stellt die Etappen als Erwachsener nach, läßt die eigene Person in verschiedenem Alter von anderen Jungen spielen, benutzt Fund- und Fremdmaterial. Die kindliche Produktivität als spielerische Vorausnahme erwachsener Tätigkeit und künstlerischer Hervorbringung wird mit behauenen Zuckerstückchen, Tonkugeln, handgemachten Waffen und Scrap-Books symbolisiert. Schließlich vermacht Boltanski den ganzen Fundus mitsamt Schulutensilien, Urkunden usw. geschlossen an Museen, so als ob man die Relikte einer verschollenen Person, einer ausgestorbenen Gruppe einsammelte."
(Spurensicherung : Kunst als Anthropologie und Selbsterforschung ; fiktive Wissenschaften in der heutigen Kunst / von Günter Metken. - Köln : DuMont, 1977. - 152 S. : Ill. . - ISBN: 3-7701-0945-6. - (DuMont aktuell), dort S. 23).

Der Gegenstand entspricht den in der Ausstellung Spurensicherung 1974 gezeigten und im Ausstellungskatalog reproduzierten sog. Messern, wie sie Boltanski seit 1970 anfertigte. Günter Metken beschreibt dort diesen Gegenstandstyp wie folgt : "Ein Messer. Der Griff aus rohem, ungebeizten Holz ist mit Nessel und Druck umwickelt. Am oberen Ende ist die Schneide einer Rasierklinge (1 4 Fabr.Française) eingelassen, die durch den Draht im Halbkreis gebogen wird."

Das im Katalog enthaltene, 70 Nummern umfassende "Verzeichnis der Gegenstände für den künftigen Fonds Christian Boltanski im Archäologischen Museum zu Dijon" listet unter Inv.-Nr. 3 fünfundzwanzig "kleine Messer" auf.

In seiner anläßlich der documenta 6 publizierten Aufsatzsammlung Spurensicherung von 1977, wo eine auf 1973 datierte Vitrine der Pariser Galerie Sonnabend mit 43 solcher Messer reproduziert wird,  schreibt Metken im Kapitel Christian Boltanski : Inventare der Kindheit:

"Christian Boltanski macht zwischen 1969 und 1972 eine typisch bürgerliche, auf viele übertragbare Kindheit optisch verfügbar – daß er sie auch gelebt hat, ist in diesem Zusammenhang sekundär. Er stellt die Etappen als Erwachsener nach, läßt die eigene Person in verschiedenem Alter von anderen Jungen spielen, benutzt Fund- und Fremdmaterial. Die kindliche Produktivität als spielerische Vorausnahme erwachsener Tätigkeit und künstlerischer Hervorbringung wird mit behauenen Zuckerstückchen, Tonkugeln, handgemachten Waffen und Scrap-Books symbolisiert. Schließlich vermacht Boltanski den ganzen Fundus mitsamt Schulutensilien, Urkunden usw. geschlossen an Museen, so als ob man die Relikte einer verschollenen Person, einer ausgestorbenen Gruppe einsammelte."
(Spurensicherung : Kunst als Anthropologie und Selbsterforschung ; fiktive Wissenschaften in der heutigen Kunst / von Günter Metken. - Köln : DuMont, 1977. - 152 S. : Ill. . - ISBN: 3-7701-0945-6. - (DuMont aktuell), dort S. 23).

 

Christian Boltanski (*1944 in Paris) [?]

Paar von auf Wellpappekarton gezeichneten und grob ausgeschnittenen Figuren und Stern

Auf der Rücksichte des Sterns Bleistift-Widmung: « Pour Sigrid qui est loin / une pensée douce / Christian ». Eingelegt in eine an Günter Metken adressierte Versandschachtel des Reclam-Verlages mit Poststempel Ditzingen 4.5.1981.

 

Annette Messager (*1943 in Berck, Pas-de-Calais)  Mes travaux d'aiguille / par Annette Messager collectionneuse  [um 1972 ?]

 

Annette Messager (*1943 in Berck, Pas-de-Calais)

Mes travaux d'aiguille / par Annette Messager collectionneuse  [um 1972 ?]

12 ungezählte Seiten. - Umschlag in schwarzes Papier eingeschlagen, aufgeklebtes handschriftliches Titelschild. Auf der linken Seite jeweils eine aufgeklebte Nadelarbeit  (orangene Stoffstücke, Sicherheitsnadeln, Sticknadeln und -garn), auf der rechten Seite gegenüber die entsprechende schnittbogenartige Zeichnung in schwarzer und blauer Tinte, mit handschriftlicher Benenennung.

Signatur: D2-Mes 169/23 Rarissima


Unikales Künstlerbuch, eine der frühen, intimistischen Arbeiten der Künstlerin, zur Werkphase der als ‘collectionneuse’ von 1971 bis 1974 geschaffenen Alben und Bildsequenzen gehörend, in der die Künstlern in fiktiv autobiographischer Weise die konventionelle Frauenrolle thematisiert. Vgl. die 24 Rahmen mit entsprechenden, allerdings hochkant präsentierten Doppelseiten umfassende Wandarbeit Mes travaux d'aiguille (1972) und das gleichnamige Album-collection N° 7 (1972), gezeigt in der Ausstellung Annette Messager : les messagers (Paris, Centre Georges Pompidou, 2007 ; siehe im Katalog S. 106-108, 170-171, 590). Die erste größere Ausstellung der Künstlerin im Ausland fand 1973 im Münchner Lenbachhaus statt, organisiert von Armin Zweite, vermittelt von Günter Metken. Das Album-collection N° 7 wurde bereits in dieser Ausstellung gezeigt. Im Katalog der Ausstellung rechnet Metken in seinem Einführungsessay Das Doppelleben der Annette Messager die Künstlerin bereits der von ihm kurz darauf ‘Spurensicherung’ genannten Richtung zu. Er schreibt dort:

"Man sucht Lebenspuren jeder Art, läßt sich weniger von Kunst als vom Musée de l’Homme anregen, auch von Lévi-Strauss, der Offenheit gegenüber jedem wie immer beschaffenen Dokument empfiehlt. Sammeln, Inventarisieren, Auswerten sind Kerntätigkeiten, der typisch französische Hang zum Archiv wird reaktiviert, das Interesse an Lebensformen, an den Veränderungen der täglichen Sphäre schärft sich. Der Mitmensch wird von diesen ‘Ethnologuen’ wie eine fremde Spezis beobachtet und dokumentiert. Freilich sind ihre Methoden nicht wirklich wissenschaftlich sondern poetisch.
Annette Messager gehört zu dieser heimlichen Avantgarde der Dreißigjährigen, für die etwa Didier Bey, Bertholin, Christian Boltanski, Jean Le Gac, das Ehepaar Poirier namhaft zu machen wären."
(Günter Metken in: Annette Messager, Sammlerin : Annette Messager, Künstlerin ; Städtische Galerie im Lenbachhaus, München ; Sonderausstellung vom 10. Oktober bis 18. November 1973 / Katalog: Annette Messager. Redaktion: Armin Zweite. - München, 1973, dort S. 3).

 

 

Nikolaus Lang (*1941 in Oberammergau) [?]

[Naturgegenstand]
Die Zuschreibung dieses Fundstücks an den in Oberammergau geborenen Nikolaus Lang stützen wir auf dessen Präsenz in der Ausstellung Spurensicherung von 1974, wo er mit der in Einsätzen einer von Metken als sarkophagartig bezeichneten Holztruhe verwahrten schriftlichen, kartographischen und photographischen Dokumentation sowie zahlreichen Fundobjekten nach Art eines Heimatmuseums die karge Existenz einer ihm noch aus seiner Kindheit bekannten Schweizer Auswandererfamilie auf einen Einödhof in Bayersoien evozierte, aber auch die diese Spuren sichernde, Tätigkeit selbst auf dem Grundbauernhof, den er 1981 selbst beziehen sollte, und der 2003 abbrannte. Die  berühmte Arbeit Für die Geschwister Götte befindet sich in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München und wurde 2002/2003 im Rahmen der Ausstellung Verweile doch…  im Kunstbau gezeigt.

Das gezeigte, mumifizierte Objekt scheint am ehesten den in Für die Geschwister Götte enthaltenen getrockneten Früchten zu ähneln, ist aber bislang unidentifiziert.

 

 

 

Spurensicherung : Archäologie und Erinnerung ; Didier Bay, Christian Boltanski, Jürgen Brodwolf ... Kunstverein in Hamburg ; 6.4. - 19.5.1974 / Ausstellung und Katalog: Günter Metken und Uwe M. Schneede. - Hamburg, 1974. - 61 S. - Ausst.: Kunstverein <Hamburg> : 6.4.-19.5.1974 / Städtische Galerie im Lenbach-Haus <München> : 29.5.-30.6.1974.

 

Anne und Patrick Poirier (*1942 in Marseille bzw. Nantes)

Quelques notes à propos de la Nécropole Isola Sacra ou Necropoli del Porto, Necropoli Portus Romae : commencées le vingt huit septembre dix neuf cent soixante treize à Paris

Auf dem Buchdeckel: « À propos de L'Isola Sacra / Anne et Patrick Poirier / septembre dix neuf cent soixantetreize / ou, "la langue française est sortie de la langue latine" selon Ernest Lavisse »

Perforiertes, unliniertes Carnet, 21 Blätter, zahlreiche Blätter herausgerissen: handschriftliche Texte und Skizzen in sepiafarbener Tinte, eingeklebte S/W-Fotografien ein eingeklebter Plan auf Pergament, Fotos, Pläne, eingeklebter Leserschein der Bibliothèque d’art et d’archéologie, Paris, für Patrick Poirier, datiert 28. September 1973. - Text teilweise französisch, teilweise italienisch.

Auf der Rückseite des ersten Blattes befindet sich folgende Widmung: « Nous avons rédigé ce petit dossier pour l’exposition de Hambourg – il traite de notre travail sur la Nécrople de l’ISOLA SACRA. c’est donc notre participation au catalogue. Tous nos vœux pour 1974 / Anne et Patrick Poirier »

Signatur: D2-Poi 690/20 Rarissima


In der Ausstellung Spurensicherung 1974 präsentierten die Künstler die nun Ostia antica genannte Arbeit (1971/1972, heute Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien) unter dem Titel Die Stadt. Die Arbeit über den Friedhof Isola Sacra von Ostia von 1973, auf die Metken in seiner Aufsatzsammlung Spurensicherung von 1977 zu sprechen kam, war ein zweiter Teil dieser Arbeit. Das unikale, handgeschriebene Künstlerbuch ist in diesem Zusammenhang sozusagen das Ausgrabungsheft.

Es sei hier daran erinnert, dass Ann und Patrick Poirier das vierteilige Kunstwerk Oculus historiae, oculus memoriae, oculus oblivionis (1990) an der Schleißheimer Strasse (Stadtarchiv/Nordbad) in München geschaffen haben.

 

 

Dorothee von Windheim (*1945 in Volmerdingsen im Kreis Minden)

[Rue du Cardinal Lemoine]

Mauerputzfragment, zusammen mit einer Schwarz-Weiß-Fotografie des Straßenschilds in einem Plastikschächtelchen (6 x 9 x 2 cm). Mit Widmung der Künstlerin an die Metkens vom 25.12.1977 auf der Rückseite des Fotos

Signatur: D2-Win 130/20 Rarissima

 

Dorothee von Windheim gehörte zu den von Günter Metken 1977 auf der documenta 6 gezeigten Künstlern. Das reliquienartig präsentierte Putzfragment stammt aus der Straße im fünften Arrondissement, in der die Metkens in Paris wohnten, wahrscheinlich sogar von ihrem Wohnhaus. Zu Dorothee von Windheim schrieb Günter Metken: „Man rechnet sie der Spurensicherung zu, weil sie Wandflächen ablöst und, unterstützt von dokumentarischen Aufnahmen, zur Schau stellt: also nicht den Eindruck oder Abdruck der Sache, sondern die Sache selbst.“ (Warum ziehst Du mich ab von mir selber? Wand als Haut. - In: Katalog Dorothee von Windheim, Museum Wiesbaden, 1989, S. 56-59, wiederabgedruckt in G. Metken: Spurensicherung, 1996, S. 186-195). Dorothee von Windheim hat dies seit den frühen siebziger Jahren insbesondere in Florenz praktiziert, nachdem sie bei Restauratoren die Strappo-Technik erlernt hatte. Von 1977 bis 1980 hielt sich die Künstlerin in Paris auf, wo sie Mauerputzfragmente einsammelte und dann systematisch angeordnet präsentierte.

 

 

Paul-Armand Gette (*1927 in Lyon) [?]

Botanische Beschriftungstafel GALIUM mollugo L. (= Wiesen-Labkraut)

Paul-Armand Gette, der Naturwissenschaften studiert und seine künstlerische Tätigkeit erst spät begonnen hat, gehörte zu den von Günter Metken 1977 auf der documenta 6 gezeigten Künstlern. 1979 widmete ihm das Münchner Lenbachhaus eine Ausstellung, die Günter Metken vermittelt und miterarbeitet hatte. Metken hatte bereits 1975 die Gette-Ausstellung im Centre national d’art contemporain besprochen.

Die Beschriftungstafel mit dem Namen einer verbreiteten Wiesenblume dürfte ein Relikt einer der botanischen künstlerischen Aktionen von Paul-Armand Gette sein. Günter Metken, der Gette einen „Anti-Linné“ nannte, schrieb in diesem Zusammenhang u.a.:  „1976/77 kann Gette seine Auffassung erstmals an einer ganzen Landschaft exemplifizieren. ‚Horizon et Paysage‘ heißt die im Auftrag entstandene Arbeit von 60 Tafeln, die erweitert und verallgemeinert als ‚Querschnitt durch eine Landschaft‘ auf der documenta 6 in Kassel gezeigt wurde. […] Wenn seine Schüler Meßlatten im Gelände aufstellen oder beliebige Pflanzen etikettiert werden, findet jene Umkehrung der Wissenschaft statt, die wir schon kennen: Der Botanische Garten als wiederhergestellte, künstlich herauspräparierte Natur kehrt zum botanischen Altag zurück. Was Gette sucht, ist die Banalität im Unterschied zum Starsystem, das im allgemeinen Veröffentlichungen über die Natur, fachkundliche wie allgemeinkundliche, kennzeichnet.“ (Günter Metken: Der Forscher als Poet / Gettes parallele Wissenschaft. – In: Paul-Armand Gette : Arbeiten 1959-1979 ; 10. Mai – 24. Juni 1979, Städtische Galerie im Lenbachhaus, München. - München 1979, S. 6-8, 22-24. - Wiederabgedruckt in: Günter Metken: Spurensicherung. - 1996; S. 143-157, dort S. 155/156).

 

 

Jean Le Gac (* 1936 in Tamaris, Gard)

Der Maler. Einführung und und Übersetzung Günter Metken. - Brüssel / Hamburg: Lebeer Hossmann, 1977. - [62] Bl.

Übersetzung von verschiedenen Werken (Le roman d’aventures, Le peintre, Et le peintre) nebst Werkverzeichnis.

Sonderedition: "Die vorliegende Originalausgabe enthält sechs von Jean Le Gac und seinen Töchtern handgeschriebene Postkarten, die an die Maler Peter Stevens, Jacques Morand, Livinia Chamsun, Bill Hawkes und an die Verleger geschickt wurden. Sie ist limitiert auf 18 numerierte und signierte Exemplare, 6 weitere Exemplare H.C. sind für Autoren und Mitarbeiter reserviert."

Metkens Exemplar ist Nummer IV der sechs Exemplare hors commerce.

Signatur: D2-Leg 40/73 R


Aus der Einführung von Günter Metken: "Kunst über Literatur, Literatür über Kunst – der Fall bleibt unentschieden. Le Gacs Tun umkreist kein ‘Unbekanntes Meisterwerk’ à la Balzac, sondern den unbekannten Maler. Und dieser konzeptuelle Frenhofer scheint niemand anders zu sein als er selbst. Le Gac baut vor uns eine Künstlerfiktion auf, aber nicht, damit die Person daraus hervortrete, sondern um sie – oder sich – dahinter zu verbergen. Bei ihm verweisen die Bilder – es handelt sich ausschließlich um photographische Bilder –, auf die Texte und diese wiederum auf die Bilder. Eins scheint das andere zu erhellen, hintergeht aber auch dessen Anschein."