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Hanna Holtz // Sammeln – Ausstellen – Publizieren: transdisziplinäre Praktiken von Surrealismus und Ethnologie in den 1920er und 1930er Jahren in Paris

Projekbeschreibung

Dieses Dissertationsprojekt analysiert das Spannungsverhältnis zwischen der Wissenschaftsdisziplin Ethnologie und dem Surrealismus in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts, kurz: Es thematisiert an einem historischen Beispiel das, was heute künstlerische Forschung oder Artistic Research genannt wird.

In der Verzahnung von Kunst und Ethnologie haben die Surrealisten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine bedeutende und dennoch bislang kaum erforschte Rolle gespielt. Die Beschäftigung mit den Weltanschauungen nicht-westlicher Kulturen war wichtiger Teil der surrealistischen Bewegung in Paris. Die Surrealisten und eine neue Generation von Ethnologen verband eine geistige Mobilität, die sich u.a. in dem gemeinsamen Anfechten und Überschreiten von Grenzen äußert. Dem Postulat nach Überwindung der Grenzen zu anderen Kulturen war auch der Wunsch nach einem Bruch mit intellektuellen Gewohnheiten eingeschrieben. Dies galt sowohl für die Künstler als auch für die Ethnologen, denn diese Künstler und Wissenschaftler trennte weniger, als man aus heutiger Perspektive vermuten würde.

Der Ethnograph versuchte, fremde Kulturen mit Hilfe eines unabhängigen Betrachtungssystems zu analysieren. Der „ethnographische Surrealist“ hingegen versuchte, die Bräuche, Werte, Normen und Glaubensrichtungen der eigenen Kultur durch veränderte Denkmuster zu hinterfragen. Dies entsprach den Forderungen der Surrealisten und führte zu einem gemeinsamen Impetus der Künstler, Kunsthistoriker, Sammler, Kuratoren, Soziologen, Ethnographen und Ethnologen, der sich bei den einen mehr künstlerisch und bei den anderen mehr wissenschaftlich ausprägte.

So vereinten die surrealistischen Sammlungen und Ausstellungen ethnographische Artefakte, Naturalien, surreale Objekte sowie auch Kunstwerke der Avantgarde. Die Beschäftigung der Surrealisten mit der Entwicklung eines ideologischen Ausstellungsraumes und mit ethnologischen Themen hatte vermutlich wiederum Einfluss auf die ethnologische Vorgehensweise, insbesondere auf die kuratorischen Entscheidungen und musealen Gestaltungsprinzipien zukünftiger ethnologischer Sammlungen.

Untersucht werden soll eine solche Interaktion von Ethnologie und Kunst anhand der Trias Sammeln-Ausstellen-Publizieren.

Dieses transdisziplinäre Forschungsgebiet findet - insbesondere im französischen Sprachraum - spätestens seit dem Aufsatz von James Clifford verstärkte Aufmerksamkeit . Das Dissertationsprojekt untersucht, inwiefern der Surrealismus das ästhetische, ideologische und anthropologische Interesse an den außereuropäischen Kulturen parallel und im Austausch mit der in Frankreich erst seit dem frühen 20. Jahrhundert institutionalisierten Disziplin Ethnologie entwickelte.

Team