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Die Lipsanothek von Brescia: Eine exemplarische Objektbiografie zwischen Kunstgeschichte, Kunsttechnik und Rezeptionsgeschichte

Die sogenannte Lipsanothek (Reliquienkasten) im Museo di Santa Giulia in Brescia, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, ist ein einzigartiges Artefakt aus Elfenbein. Aus stilistischen Gründen hat man das Kästchen in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts datiert. Es gilt es als eines der frühesten figürlich geschmückten Reliquiare im materiellen Erbe des Christentums, obwohl die Funktion nicht belegt ist ...

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Die sogenannte Lipsanothek (Reliquienkasten) im Museo di Santa Giulia in Brescia, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, ist ein einzigartiges Artefakt aus Elfenbein. Aus stilistischen Gründen hat man das Kästchen in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts datiert. Es gilt es als eines der frühesten figürlich geschmückten Reliquiare im materiellen Erbe des Christentums, obwohl die Funktion nicht belegt ist.

Die 33 geschnitzten Szenen zeigen u. a. den ältesten Passionszyklus der Kunstgeschichte. Als das größte erhaltene Elfenbeinkästchen aus der Spätantike ist es ein unschätzbares Zeugnis für die Verwendung von Luxusartefakten im frühchristlichen Kontext. Das Kästchen hat eine weit über die Grenzen Italiens hinaus reichende Bedeutung, die sich u. a. in höchst unterschiedlichen Kopien aus verschiedenen Epochen in ganz Europa von Sankt Peterburg bis Mainz äußert.

Auch wenn das Objekt in allen Standardwerken zur Spätantike und Elfenbeinkunst vorgestellt wird und dessen Ikonographie und Ikonologie schon mehrfach monografisch behandelt wurde, ist seine Geschichte, die durch Dekontextualisierung und Demontage in der Neuzeit geprägt ist, weitgehend unerforscht.

Foto einer mit Schnitzereien reich verzierte Box. Die Box kann man aufklappen und etwas reinlegen.Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten über die materielle Kultur- und Objektwissenschaft, ist eine grundlegende interdisziplinäre Untersuchung der Lipsanothek von exemplarischer Bedeutung, da sie nahezu alle Aspekte der Beziehung zwischen Mensch und Artefakt, also die Herstellung, Geschichte, Erhaltung und Interpretation in den Blick nimmt und zwar epochenübergreifend.

Die kunsttechnische Untersuchung soll die Herstellungstechnik, das ursprüngliche Aussehen, Spuren der Nutzung sowie Veränderungen des Kästchens erfassen und analysieren. Hierfür werden ausschließlich zerstörungs- und berührungsfreie Methoden wie die Untersuchung mit einem Stereomikroskop und verschiedene bildgebende Verfahren angewandt.

Ziel ist es, eine exemplarische Objektbiografie zu erstellen, bei der wir uns auch mit der methodischen Frage auseinandersetzen, wie sich ein vormodernes Objekt übergreifend in den verschiedenen Phasen seiner Konzeption, Verwendung, Wiederverwendung und Musealisierung untersuchen lässt. Dieser methodische Ansatz vereint Kunstgeschichte, Historiographie, Kunsttechnologie und Restaurierungskunde.

[Abbildung: Die Lipsanothek, um 360/370, im Museo Santa Giulia, Brescia ©Archivio fotografico Musei Civici Brescia, credits Fotostudio Rapuzzi]

In Kooperation mit:

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The Brescia Casket: An exemplary object biography between art history, technical art history, and reception history

The so-called lipsanotheca (reliquary) in the Museo di Santa Giulia in Brescia, part of the UNESCO World Heritage Sites, is a unique artifact crafted from ivory. On stylistic grounds, the casket has been dated to the second half of the fourth century. It is considered to be one of the earliest figuratively decorated early Christian reliquaries, although its original function is not documented.

The 33 carved scenes show, among other things, the oldest Passion cycle in art history. As the largest surviving ivory casket from late antiquity, it is an invaluable testimony to the use of luxury artifacts in an early Christian context. The casket has an importance that extends far beyond the borders of Italy, which is reflected, among other things, in highly diverse copies from different eras throughout Europe, from St. Petersburg to Mainz.

Even though the object is featured in all standard works on late antiquity and ivory carving and its iconography and iconology have been the subject of several monographs, its long history, characterized by decontextualization and dismantling in modern times, remains largely unexplored.

Against the background of current debates on material culture and object studies, a fundamental interdisciplinary study of the Brescia Casket is of crucial importance, since it considers almost all aspects of the relationship between people and artifacts, i.e. their production, history, preservation and interpretation, spanning a range of epochs.

The technical examination is intended to record and analyse the production technique, the original appearance, traces of use and changes to the casket. Only non-destructive and non-contact methods such as examination with a stereomicroscope and a range of imaging techniques will be used for this purpose.

The aim is to create an exemplary object “biography” in which we address the methodological question of how a pre-modern object can be examined across the various phases of its conception, use, reuse and musealization. This methodological approach combines art history, historiography, technical art history and conservation science.

In cooperation with:

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Projektlaufzeit / Duration

20242026

Förderung /Funding

Logo der Gerda Henkel Stiftung

 

 

Team extern:

  • Dr. Francesca Morandini
  • Dr. Catharina Blänsdorf
  • Elisabeth Fugmann, MA
  • Ronja Emmerich, MA
  • Dr. Adrien Palladino

Team

Projektpartner

  • Museo Santa Giulia, Brescia
  • Archäologische Staatssammlung, München
  • vorarlberg museum, Bregenz
  • Center for Early Medieval Studies, Department of Art History, Universität Brno
  • Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Forschungsstelle Realienkunde, München
  • Kooperation mit Institute for Digital Cultural Heritage Studies, LMU