Gedruckt und erblättert. Das Fotobuch als Medium ästhetischer Artikulation seit den 1940er-Jahren
Gedruckt und erblättert. Das Fotobuch als Medium ästhetischer Artikulation seit den 1940er-Jahren
Durchführung: Désirée Düdder M.A., Stefanie Dufhues M.A., Ann-Katrin Harfensteller M.A., Maria Schindelegger M.A., Anna Volz M.A.
Projektmentorin: Prof. Dr. Burcu Dogramaci
Fotografie im Buch spielt seit ihrer Erfindung eine zentrale Rolle in der Entwicklung und Vermittlung einer visuellen fotografischen Kultur. Seit dem 19. Jahrhundert fanden Fotografien ihre weiteste Verbreitung in Alben, Portfolios und Büchern, zunächst als originaler Abzug und später in Form qualitativ immer hochwertigerer Reproduktionen. Auch heute noch nehmen wir Fotografien hauptsächlich über deren Reproduktionen in Zeitschriften, Magazinen und nicht zuletzt Büchern wahr, zunehmend in digitalisierter Form.
Angesichts der immensen Bedeutung und Popularität der gedruckten Fotografie ist es umso erstaunlicher, dass bis heute noch wesentliche Fragen über das Fotobuch offen sind. So besteht ein Bedarf an weiterführenden wissenschaftlichen Untersuchungen, welche nach der spezifischen Form der Inhaltsvermittlung fragen und Fotobücher im Feld ihrer Entstehungsbedingungen, intendierten Rezeptionsweisen und jeweiligen Funktionen untersuchen. Die Disziplin der Kunstgeschichte ist zwar gewohnt, in Büchern abgebildete Fotografien zu erforschen, tendiert aber nach wie vor dazu, deren spezifische Veröffentlichung in Form eines Buches und eingereiht in eine Folge von Bildern und Text oder die bestimmte materielle Präsenz als Objekt zu vernachlässigen.
Zu den am besten erforschten Gebieten zählen bis dato die Frühzeit der Fotografie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sowie die Avantgarde der Zwanziger und Dreißiger Jahre in Europa und den USA. Ausgehend von der Ausrichtung des Studienzentrums der Moderne - Bibliothek Herzog Franz von Bayern und den Beständen der Bibliothek am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München will die Tagung einen Schwerpunkt auf die Fotobuchproduktion ab den Vierziger Jahren legen ohne jedoch Kontinuitäten und Brüche zu „klassischen“ Epochen des Fotobuches aus dem Auge zu verlieren.
Im Vordergrund der Tagung steht das Fotobuch als Medium ästhetischer Artikulation, in dem sich die Interessen der Bild- und Textautoren, kulturhistorische Kontexte, gesellschaftliche und politische Agenden, die materielle Besonderheit von Präsentation und Rezeption als Buch, dessen haptische Qualitäten und spezifischen Narrationsformen sowie die jeweiligen Produktionsbedingungen niederschlagen. Ziel der Tagung ist weniger in exemplarischen Einzelanalysen ikonische Fotobücher vorzustellen, sondern Entwicklungslinien nachzuzeichnen und die einzelnen Forschungsgegenstände und Fragestellungen miteinander in Beziehung zu setzen.
Gerade in Hinblick auf Fotobücher seit den Vierziger Jahren ergeben sich zahlreiche spannende und bis dato nur wenig erforschte Fragestellungen, die in der Tagung breiteren Raum finden können. Dazu zählt das Verhältnis von Fotobuch und Fotojournalismus, das Fotobuch als Leitmedium der aufkommenden Autorenfotografie in den Fünfziger Jahren und die Entwicklung des subjektiven Fotobuchs oder visueller Erzähltechniken des stream of consciousness. Welche Entwürfe von Geschichte oder nationaler Identität werden über Fotobücher kommuniziert, beispielsweise in den Büchern der Trümmerfotografen oder Kriegsberichterstattern, die Ende der Vierziger Jahre in großer Zahl veröffentlicht wurden, aber auch in zahlreichen national ausgerichteten Bildbänden über Landschaften und Städte zu Tage treten. Welche Rolle spielt das Künstlerbuch als Medium der Kritik an der Massenkultur und wie gestaltete sich das wechselseitige Verhältnis von konzeptueller Kunst und Fotobuch in den Sechziger und Siebziger Jahren? Auch die Materialität des Fotobuchs und dessen Veränderung seit dem Aufkommen der Digitalisierung bilden einen lohnenswerten Diskussionsbereich. In welchem Verhältnis steht das Fotobuch zum Medium der Ausstellung, wie wird es selber in Form von Ausstellungen oder Publikationen rezipiert? Abschließend gilt es zu überdenken, ob und in welcher Form medienspezifische Aspekte der Fotografie wie Indexikalität oder Authentizitätsversprechen in Fotobüchern eine Rolle spielen.
Zielsetzung
Die Tagung richtet sich schwerpunktmäßig an DoktorandInnen und NachwuchswissenschaftlerInnen aus den Kunst- und Medienwissenschaften und soll ein Forum bieten neue, frische Perspektiven auf das Fotobuch zu entwickeln, zu diskutieren und in Beziehung zu setzen. Durch die Tagung soll der Austausch und das Netzwerk der ForscherInnen gestärkt werden, die sich im deutschsprachigen Raum mit dem Thema Fotobuch beschäftigen und dem Forschungsgegenstand mehr Sichtbarkeit verliehen werden.
Team
Prof. Dr. Burcu Dogramaci (Projektmentorin), Désirée Düdder, Stefanie Dufhues, Ann-Katrin Harfensteller, Maria Schindelegger, Anna Volz
Laufzeit
Dezember 2013 bis September 2014
Beteiligte Institutionen
Zentralinstitut für Kunstgeschichte
Institut für Kunstgeschichte der LMU