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Dr. des. Felix Jäger

ehemaliger Assistent des Direktors | Preisträger des Forschungspreises Angewandte Kunst 2022




Gruppe/n: Ehem. Mitarbeitende

Vita

  • Seit März 2023 | Assistent des Direktors am Zentralinstitut für Kunstgeschichte
  • Seit Mai 2021 | Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Kunstgeschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München
  • September 2015 – Juli 2021 | Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin (Betreuer: Prof. Dr. Horst Bredekamp und Prof. Dr. Carolin Behrmann) mit der Arbeit: „Die Ungestalten des Souveräns: Rüstungskunst und Körperpolitik der Renaissance"
  • September 2018 – April 2021 | Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsverbund „Bilderfahrzeuge: Aby Warburgs Vermächtnis und die Zukunft der Ikonologie“ mit Sitz am Warburg Institute, London
  • Mai 2014 – August 2018 Doktorand der Minerva-Forschungsgruppe „Nomos der Bilder: Manifestation und Ikonologie des Rechts“ am Kunsthistorischen Institut in Florenz – Max-Planck-Institut
  • Oktober 2005 – März 2014 | Studium der Mittelalterlichen Geschichte, Kunstgeschichte und Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin und am University College London mit dem Abschluss Magister Artium

[Stand: März 2023]

Publikationen

Herausgeberschaften:

  • Marxist „Kunstwissenschaft“: The Methods of East German Art History = Selva, Bd. 5 (mit Tamara Golan).
    URL: https://selvajournal.org [in Vorbereitung]
  • Dis_ability Art History = kritische berichte, Bd. 48, Nr. 4 (mit Henry Kaap). Marburg 2020
  • Bilder als Denkformen. Bildwissenschaftliche Dialoge zwischen Japan und Deutschland (mit Yasuhiro Sakamoto und Jun Tanaka). Berlin 2020

 

Aufsätze:

  • The Prince’s Prosthetic Body. Orthopedic Armor and Material Self-Fashioning in Sixteenth-Century Europe. In: The Art Bulletin, Bd. 105, Nr. 3, 2023 [im Druck]
  • Diplomatie des Spotts. Maximilian I., Heinrich VIII. und der „Hörnerhelm“. In: Maximilian1: Festkultur am Innsbrucker Hof. Ausst.-Kat. Hg. v. Monika Frenzel. Innsbruck 2023 [im Druck]
  • Suggestive Materials. Constructing Cure in Freud’s Collection. In: Bildersammlungen als Denkmaterial. Materialismus, Realismus, Kunst (1900–1960). Hg. v. Carolin Behrmann und Steffen Haug. Berlin 2022 [in Vorbereitung]
  • Zur Sichtbarkeit des Rechtsstaats in der Krise (mit Carolin Behrmann und Leva Wenzel). In: Politische Ikonographie Heute = kritische berichte, Bd. 50, Nr. 3. Hg. v. Henry Kaap. Marburg 2022, S. 59–66
  • „Maniera“ und „Shizen“. Zum deutsch-japanischen Dialog über Bilder. In: Bilder als Denkformen. Bildwissenschaftliche Dialoge zwischen Japan und Deutschland. Hg. von Yasuhiro Sakamoto, Felix Jäger und Jun Tanaka. Berlin 2020, S. 167–173
  • Kunshu no Hotetsuteki Shintai. Jyūroku Seiki ni Okeru Katchu Kaibōgaku Geijutsu [= The Prince’s Prosthetic Body: Armor, Anatomy, and Art in the 16th Century]. In: Imējigaku no Genzai: Warburg kara Shinkeikei Imējigaku he. Hg. von Yasuhiro Sakamoto, Jun Tanaka und Yoshikazu Takemine. Tokio 2019, S. 175–196
  • Yugami no Seijigaku. Manierisumu to Merankorī no Shōzō [= The Politics of Deformation: Mannerism and the Melancholy Portrait]. In: ebd., S. 297–317
  • Bodies of Knowledge. Renaissance Armor and the Engineering of Mind. In: Wearing Images = Espacio, Tiempo y Forma, Bd. 6. Hg. von Diane Bodart. Madrid 2018, S. 89–118
  • Dialektik der Genauigkeit. Nicolaus Cusanus und Leon Battista Alberti. In: Bilder der Präzision. Praktiken der Verfeinerung in Technik, Kunst und Wissenschaft. Hg. von Matthias Bruhn und Sara Hillnhütter. Berlin 2018, S. 269–281
  • Framing the Law. Joos de Damhouder and the Legal Iconology of the Grotesque. In: The Art of Law. Artistic Representations and Iconography of Law and Justice. Hg. von Georges Martyn [u.a.]. Cham 2018, S. 223–244
  • Sovereign Infamy. Grotesque Helmets, Masks of Shame and the Prehistory of Caricature. In: Images of Shame. Infamy, Defamation and the Ethics of „oeconomia”. Hg. v. Carolin Behrmann. Berlin 2015, S. 169–192

 

Zusammenfassung der Dissertation:

Die Dissertation rekonstruiert die körperpolitische Dimension der Rüstungskunst in der Renaissance. Die Etablierung eines humanistischen Menschenbildes wird gemeinhin als historischer Einschnitt angesehen, mit dem sich der frühmoderne Paradeharnisch vom spätmittelalterlichen Schutzpanzer absonderte. Während in den gotischen Eisenkleidern der süddeutschen Produktion noch lange ein ritterlicher Vorstellungskosmos prägend gewesen sei, hätten sich italienische Patrizier und Heerführer in mailändischen Prunkanzügen als Militärhelden all’antica präsentiert. Der gängigen Literatur nach bediente die Plattnerei hierbei entweder ein feudales Standesbewusstsein und eine dynastische Memoria oder aber einen selbstgestaltenden Darstellungsdrang und künstlerischen Ehrgeiz. Ihre verkörpernde Dimension bleibt in beiden Lesarten verkannt.
Dass Plattenrüstungen in der höfischen Welt des 16. Jahrhunderts zunehmend repräsentativ in Erscheinung traten, wird gemeinhin auf ihre wehrtechnische Entwertung durch Pikeniere und Schießpulverwaffen zurückgeführt. Doch blieb der Metallschutz, zumindest in seinen zentralen Elementen, noch lange unverzichtbar. Diese fortdauernde, kriegerische Präsenz muss auch in Paradeensembles mitgedacht werden, die nach wie vor einen Waffengebrauch androhten. Die künstlerische Verfeinerung durch getriebene, ziselierte und tauschierte Dekorationen beruhte also keineswegs auf einer Entmilitarisierung. Vielmehr ist eine Erweiterung gewaltbezogener Material- und Sehkulturen vom Schlachtfeld in die höfische Sphäre geltend zu machen. Hier scheinen die Panzer einen obrigkeitlichen Entscheidungsanspruch demonstriert zu haben, der den aufkommenden Prinzenherrschaften entgegenkam. Durch die ästhetische Veredelung, so die Leitthese, wurde der ritterliche Schwertadel übertrumpft und damit die wechselseitige Lehnstreue, die noch das Mittelalter bestimmt hatte, in landesherrliche Souveränität umgemünzt.
Den Voraussetzungen, Manifestationen und Wirkungen dieser Entwicklung geht die Arbeit nach. Das Material wird dabei nach zwei Prinzipien gegliedert: einerseits einer chronologischen Stiltendenz, die von der spätgotischen Produktion, über die humanistischen Designs all’antica und all’eroica bis zu manieristischen Werken reicht; andererseits dem Spannungsverhältnis von körperlicher Last und lebendig-mechanischem Erscheinungsbild. Diese prothetischen und apparativen Wirkkräfte weisen über wehrtechnische und ikonographische Deutungsmodelle hinaus. So sind in der Dissertation erstmals zeitgenössische Diskurse berücksichtigt, die eine Modellierung des Leibes anvisierten, etwa durch kosmetische und medizinische Pflege, höfische Erziehung und militärischen Drill. Eingebettet in jüngere künstlerische Medien und instrumentelle Praktiken, wie Eisenradierungen, prothetische und orthopädische Apparate, fürstliche Sammlungen, Panzerporträts und Schandmasken, erweisen sich Plattenrüstungen als Leitmotive eines körperpolitischen Denkens, das strategisch und instrumentell räsonierte, und damit moderne Disziplinartechniken vorwegnahm.