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Provenienzforschung: 187 annotierte Auktionskataloge der Kunsthandlung Hugo Helbing wurden dem ZI überlassen

Das unikale Quellenmaterial wird im Rahmen eines Forschungsprojekts wissenschaftlich aufbereitet und der Öffentlichkeit online verfügbar gemacht

Das ZI erhielt im Rahmen des Kolloquiums zur Provenienz- und Sammlungsforschung am 28. April 2021 ein Konvolut von 187 annotierten Katalogen des Münchner Auktionshauses Hugo Helbing, das von 1885 bis 1938 existierte. Die Kataloge werden dem ZI von Johannes Nathan, ein Nachkomme Hugo Helbings, als Dauerleihgabe zu Verfügung gestellt. Johannes Nathan erhält sie wiederum als Geschenk von Karl & Faber, in dessen Bestand die Auktionskataloge aufgefunden worden waren. Das Münchner Kunstauktionshaus beschäftigt sich seit Langem mit Provenienz- und Restitutionsfragen und hat sich in den letzten Jahren dafür engagiert, dieses wichtige Thema in der Branche weiter zu etablieren.

Die Kataloge sind für die Forschung von unschätzbarem Wert: die handschriftlichen Annotationen dokumentieren nicht nur den erzielten Zuschlagpreis, sondern auch die Käufer*innen und in vielen Fällen auch die Einliefer*innen. Da die Anmerkungen von Mitarbeiter*innen des Auktionshauses Hugo Helbing stammen, sind die Informationen von besonders hoher Vollständigkeit und Verlässlichkeit. Damit bergen sie Informationen, die sowohl für klassische kunsthistorische Fragen (Werkverzeichnisse, Zuschreibungen, Authentifizierungen etc.) als auch für die Sammlungs-, Kunstmarkt- und besonders die Provenienzforschung von exzeptioneller Bedeutung sind.

Der jüdische Kunsthändler Hugo Helbing (1863–1938) führte eines der bedeutendsten Auktionshäuser in Europa und veranstaltete zwischen 1887 und 1937 über 800 Auktionen. Mit der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 erlebte Helbing aufgrund seiner jüdischen Herkunft zunehmend Repressalien von Seiten der NS-Herrschaft, bis er 1938 sein Geschäft endgültig schließen musste. Er wurde in der Pogromnacht 1938 von der Gestapo verhaftet und niedergeschlagen und starb am 30. November 1938 an seinen Verletzungen.

Zu Hugo Helbings Auktionen erschienen aufwendig illustrierte wissenschaftliche Kataloge, von denen ein Großteil über die Datenbank „German Sales“ der Universitätsbibliothek Heidelberg online konsultiert werden kann. Bereits seit einiger Zeit wird dort ein Bestand von insgesamt 698 Katalogen des Auktionshauses Hugo Helbing, die dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte 2016 überlassen worden waren, sukzessive online gestellt. Die jährlich seit 2016 am ZI stattfindende Hugo Helbing Lecture zur Erforschung des Kunstmarkts erinnert an das Wirken Hugo Helbings, eine Ausstellung auf Google Arts & Culture informiert über die Geschichte des Auktionshauses.

Die Kataloge, die nun als Dauerleihgabe dem ZI zur Verfügung stehen, werden im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts wissenschaftlich aufgearbeitet. Im Zentrum steht dabei die Typisierung und Systematisierung der Auktions-Annotationen sowie die Entwicklung und Evaluierung eines Modells zu deren strukturierter Erfassung. Nach der Digitalisierung werden die Kataloge als Teil von „German Sales“ der Öffentlichkeit und der wissenschaftlichen Auswertung zugänglich gemacht.