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Current Research // Lektüreseminar am ZI mit Veronika Tocha: The ethics of casts

Termindetails

Wann

08.05.2024
von 14:00 bis 16:00

Wo

Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Katharina-von-Bora-Str. 10, München, Vortragssaal 242, II. OG

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Das Lektüreseminar diskutiert jüngst publizierte Arbeiten oder aber weitgehend abgeschlossene Manuskripte. Die Texte werden vier Wochen im Voraus an die Teilnehmenden verschickt und dann gemeinsam mit den Autorinnen und Autoren diskutiert.

 

Im Jahr 2022 beschloss die australische Regierung die Errichtung eines “National Resting Place” – einer Ruhestätte für menschliche Überreste indigener Australier*innen, die sich in Museums- und Universitätssammlungen weltweit befinden und aufgrund ungeklärter Provenienzen nicht repatriiert werden können. Auch Gipsabgüsse menschlicher Überreste sowie Gesichts- und Körperabformungen lebender Individuen, die im Rahmen der kolonialen physischen Anthropologie gesammelt wurden, sollen hier beigesetzt werden. Die Berücksichtigung der „Objektkategorie“ des anthropologischen Gipsabgusses ist im Kontext des gegenwärtigen Ringens um einen angemessenen Umgang mit menschlichen Überresten in den Sammlungen des globalen Nordens ein wichtiges Signal: Es zeigt die Sensibilität und besondere Bedeutung solcher Abgüsse, die im Westen nur allzu oft als toxisches Erbe einer überkommenen Wissenschaftsform in die hintersten Winkel der Depots verbannt werden.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen situiert der jüngst in Artefact 19|2023 erschienene Aufsatz The Ethics of casts. Plaster casts of skulls, faces and bodies from colonial Australia anthropologische Gipsabgüsse im Kontext ihrer ethischen Dimensionen.

Im Lektüreseminar sollen die Spezifika dieser Abgüsse weiter vertieft und mit Blick auf die historischen Bestände der Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin konkreter diskutiert werden: Wie kann man anthropologischen Abgüssen im Spannungsfeld zwischen Ethik und Ästhetik gerecht werden? Worin liegen die Herausforderungen einer sensiblen wissenschaftlichen und konservatorischen Sammlungsarbeit? Und inwiefern eröffnen Gipsabgüsse neue Perspektiven auf die Themen der Dekolonisierung, Restitution und Repatriierung?

Dr. Veronika Tocha ist seit 2016 wissenschaftliche Mitarbeiterin und Kuratorin an der Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin. 2023 schloss sie ein Pilotprojekt zur wissenschaftlichen und konservatorischen Erfassung der Formen- und Modellsammlung ab. 2019/2020 wurde die von ihr kuratierte Jubiläumsausstellung „Nah am Leben. 200 Jahre Gipsformerei“ auf der Museumsinsel gezeigt und der Bestand anthropologischer Abformungen aus kolonialen Kontexten erstmals vollständig offengelegt. Zahlreiche Publikationen zum Eigensinn der „Gipse“, der Gipsabformung in der Skulptur und den kolonialen und rassistischen Implikationen von Gipsabgüssen.

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Teilnahme am Lektüreseminar nur nach Anmeldung: seminar@zikg.eu.