Festvortrag Forschungspreis Angewandte Kunst 2025 // Rudolf Fischer, Dresden: So wollen wir wohnen. Anleitungen zum Wohnen in Deutschland 1920 bis 1965
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Aus Anlass der Vergabe des Forschungspreises Angewandte Kunst 2025
Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs formierte sich im Berliner Werkbund eine Gruppe um Hans Scharoun und Lilly Reich, mit dem Ziel „formschöne“ Avantgardemöbel über Ausstellungen in der breiten Bevölkerung zu propagieren und so das Konsumverhalten zu beeinflussen. Als erste große Möbelschau der frühen Bunderepublik fand 1949 die Kölner Werkbundausstellung „Neues Wohnen“ statt, die ein ebenso großer Erfolg wie auch Ausgangspunkt heftiger Richtungskämpfe war. Die Akteur*innen knüpften dabei an die bereits in der Weimarer Republik geführten kontroversen Diskussionen um Tradition und Avantgarde an, allerdings standen nun die Wohnbedürfnisse der Nachkriegszeit flankiert von komplexen gesellschaftlichen und politischen Strukturen des Kalten Kriegs im Vordergrund. „Behaglichkeit kann schon ein einziger gut geformter Rohrsessel erzeugen“ schrieb Juliane Roh 1954 als Vertreterin einer avantgardistischen Auffassung.
Fast zeitgleich war im ursprünglich funktional geprägten DDR-Wohndiskurs eine starke reaktionäre Strömung zu spüren. Im Kontext der Ostberliner Ausstellung „Besser leben – schöner Wohnen“ 1953 hielt die Formalismusfeindlichkeit auch der DDR-Möbelgestaltung Einzug.
Im Vortag werden diese virulenten Diskurse anhand von auflagenstarken Publikationen zum modernen Wohnen („Wohnratgeber“ wie z.B. "Die schöne Wohnung", 1930-1967) verfolgt – von der Weimarer Republik bis in die 1960er Jahre. Wohnratgeber verstanden sich kontinuierlich über Jahrzehnte hinweg als Anleitung zum Wohnen und wirkten damit maßgebend im privaten Lebensbereich der Wohnung.
Ludwig Neundörfer: So wollen wir wohnen. Mit 200 Abbildungen von guten und schlechten Grundrissen, von vorbildlichen und zweckmäßigen Möbeln und Geräten, 5. Auflage 1931, Cover.
Dr. Rudolf Fischer ist Kunsthistoriker, Forscher und Autor, seit 2017 Leiter des Archivs der Avantgarden – Egidio Marzona (ADA) bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Studium des Ingenieurwesens (Dipl.-Ing.) sowie der Kunstgeschichte, Klassischen Archäologie und Byzantinischen Kunstgeschichte (M.A.). Promotion über Industriebauten der Moderne im Spannungsfeld der medialen Diskurse um Avantgarde und Tradition (2009). Im Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München von 2011 bis 2017 wissenschaftlicher Koordinator für das internationale DFG-Projekt zu Möbeldesign und Innenraumplanungen Ludwig Mies van der Rohes.
Forschungen zu ästhetisch-sozialen Konfigurationen von Wohndesign, Architektur und Raumkonzepten der Moderne. Er ist Autor verschiedener Publikationen zu Kunst, Architektur und Design der Avantgarden im 20. Jh., u.a.: „Licht und Transparenz. Der Fabrikbau und das Neue Bauen in den Architekturzeitschriften der Moderne“,2012; mit Wolf Tegethoff „Modern Wohnen. Möbeldesign und Wohnkultur der Moderne“ 2016; und zusammen mit Przemysław Strożek „Archiv der Träume. Ein surrealistischer Impuls“ 2024.
[Abbildung: Ludwig Neundörfer: So wollen wir wohnen. Mit 200 Abbildungen von guten und schlechten Grundrissen, von vorbildlichen und zweckmäßigen Möbeln und Geräten, 5. Auflage 1931, Cover]
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