Friederike Sigler // Kunst und Nationalismus in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts
In meinem Post-Doc-Projekt Kunst und Nationalismus in der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts untersuche ich exemplarisch, wie, unter welchen Bedingungen, in welchen Kontexten und mit welcher Wirkung Kunst sich seit 1900 zu Nationalismen verhält. In Abgrenzung zu Vorhaben, die sich der Herausbildung von nationaler Kunst auf Ebene der Stil- oder Formgeschichte widmen, ist meine Forschungsarbeit von der kritischen Frage geleitet, inwiefern die Herausbildung von Nationalismen durch künstlerische, kuratorische und kunsthistorische Verfahren begünstigt, aber auch sabotiert werden kann. Zu welchen Zeitpunkten und unter welchen Umständen agiert Kunst als eine Praxis mit kulturhegemonialen Ansprüchen und inwieweit nimmt sie dabei die Funktion eines Nationalismus-Katalysators ein? Ebenso ist es Gegenstand des Forschungsvorhabens, die Methoden der Kunstgeschichte kritisch auf ihr Vermögen hin zu befragen, Nationalismen zu erkennen und in ihrer politischen Geltung zu benennen. Dazu versammelt das Projekt gezielt unterschiedliche mediale Fallbeispiele, von konkreten Kunstwerken über Ausstellungspraktiken bis zu kunsthistoriographischen Diskursen, sowie eine Bandbreite an Nationalismen, von imperialen Politiken über postsozialistische Neuordnungen bis zu antinationalistischen Gegenkonzepten.
Situiert und motiviert ist das Forschungsvorhaben in und von aktuellen Diskursen im Spannungsfeld zwischen zähen Restitutionspolitiken, kontroversen Debatten um einen postnationalen Neoliberalismus, antirassistischen und antifaschistischen Perspektiven auf das Kulturprogramm der erstarkten (Neuen) Rechten sowie neueren Debatten um NS-Kontinuitäten der Moderne. Diese haben mitunter dazu geführt, Kunst nicht länger als genuin ‚gut‘ (im ästhetischen und moralischen Sinne) und frei zu verstehen, sondern jenseits tradierter Konzepte einer per se autonomen Kunst gerade deren politische Verstrickungen in ihrer vollen Wirkkraft zu analysieren – und an dieser Herangehensweise setzt auch mein Projekt an.