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Joana Mylek // Böhmisches Porzellan des Neorokoko (1840–1860)

Im ausgehenden 18. Jahrhundert wurden in Böhmen, das zu dieser Zeit Teil der Habsburger-Monarchie war, die ersten Porzellanmanufakturen gegründet. Im Gegensatz zu den großen Manufakturen wie Meißen, Wien, Berlin oder Sèvres handelte es sich nicht um königliche oder fürstliche Prestigeprojekte, sondern um die Gründungen von bürgerlichen Geschäftsmännern, deren Klientel ebenfalls bürgerlich war. Seine Blütezeit erlebte das böhmische Porzellan im 19. Jahrhundert. Orientiert am Geschmack der Käuferschicht produzierten die böhmischen Porzellanfabriken zwischen 1840 und 1860 eine Vielzahl von Objekten im Stil des Neorokoko. Dabei übertrafen die Stücke ihre Vorbilder aus dem 18. Jahrhundert in Form, Ornament und Dekor und entwickelten eine ganz eigene Ästhetik.
Den als „typisch böhmisch“ geltenden Porzellanen des Neorokoko widmet sich das Projekt und möchte so eine Forschungslücke schließen. Denn die Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts über böhmisches Porzellan erschöpft sich in der Historie einzelner Unternehmen und in der teils stark wertenden Beschreibung einzelner Objekte. Zum einen soll das Porzellan unter Einbeziehung seiner bürgerlichen Käuferschicht in einen größeren soziohistorischen Kontext eingeordnet werden. Zum anderen soll das im 20. Jahrhundert als „geistlose Geschmacklosigkeit“ (Poche 1956), simple Kopie oder Kitsch abgewertete Neorokoko untersucht und in Bezug zu aktueller Historismus-Forschung gesetzt werden. So geht es nicht nur um eine zeitgemäße wissenschaftliche Aufarbeitung des böhmischen Porzellans um die Mitte des 19. Jahrhunderts, sondern auch um eine mögliche Neubewertung des Neorokoko als eigenständiger Stil.

[Thumbnail: Terrine aus dem Service für Graf Thun, Gräflich Thun‘sche Porzellanfabrik, Klösterle (Klášterci nad Ohří), 1856, Hartporzellan und Gold, H. 34,5 cm, © Kunstgewerbemuseum Prag, Foto: Gabriel Urbánek]

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