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Studientag // Die Fäden der Moderne. Matisse, Lurçat, Miró... und die französischen Gobelins

Termindetails

Wann

13.02.2020
von 09:00 bis 17:30

Wo

Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, Theatinerstraße 8, 80333 München

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Seit einigen Jahren ist im musealen und kunstwissenschaftlichen Diskurs eine vermehrte Auseinander-setzung mit ‘Textilkunst‘ zu beobachten, etwa in Ausstellungen wie Kunst & Textil. Stoff als Material und Idee in der Moderne von Klimt bis heute (2013/14, Kunstmuseum Wolfsburg), auf Symposien wie „Perspektiven der textilen Künste“ (2016, Halle a. d. Saale) oder in Publikationen, wie von K.L.H. Wells Weaving Modernism: Postwar Tapestry Between Paris and New York (Yale University Press, 2019).

Als Kunstform oszilliert die Tapisserie zwischen Wandbehang, Bilddekor, Mobiliar und Teppich. Ihre vielleicht berühmteste Produktionsstätte ist die französische Manufacture des Gobelins in Paris, die bis heute existiert und zur Ausstattung staatlicher Institutionen Tapisserien und Möbel nach Entwürfen zeitgenössischer KünstlerInnen (u.a. Louise Bourgeois, Le Corbusier, Alicia Penalba, Pablo Picasso, Victor Vasarely) anfertigt.

In der Ausstellung Die Fäden der Moderne. Matisse, Lurçat, Miró… und die französischen Gobelins (6.12.2019-8.3.2020) zeigt die Kunsthalle München eine umfangreiche Auswahl dieser größtenteils unbekannten Exponate. Zu diesem Anlass veranstaltet das Zentralinstitut für Kunstgeschichte in Kooperation mit der Kunsthalle einen Studientag für KunsthistorikerInnen und WissenschaftlerInnen verwandter Disziplinen. Ziel ist es, anhand von Kurzvorträgen am Objekt neue Perspektiven auf das Medium Tapisserie im Hinblick auf die Kunst des 20. und 21. Jahrhundert zu konfigurieren und den Stellenwert des Textilen in der Moderne gemeinsam zu erörtern.

Aby Warburg bezeichnete 1907 den Bildteppich als „Bildvehikel“, die Weber als anonyme „Bildervermittler“ bzw. reproduzierende „Bildverbreiter“ und die Teppiche als Ahnen der Druckkunst. Ausgehend von diesem epochalen Erbe sollen in Hinblick auf das Medium der Tapisserie historische und aktuelle Fragestellungen zu den Themenkomplexen „Verhältnis von Kunst und Handwerk“, „Autorschaft(en)“ sowie „Tapisserie als Staatskunst (?)“ in den Blick genommen und eine kritische Herangehensweise provoziert werden. Folgende Fragen stecken das zu diskutierende Themenfeld ab:

Welche Rolle nehmen die staatlichen Manufakturen, die früher als Repräsentationsorgane für eine absolutistische Monarchie dienten, heute noch ein? Was führte zur Vereinnahmung der Tapisserie durch das NS-Regime? Wie kann anhand der Tapisserie das wechselhafte Verhältnis von Kunst und Handwerk aufgearbeitet werden und welche Gattungsperspektiven ergeben sich daraus? Inwiefern ist die Frage der Autorschaft im Wettstreit zwischen Malerei und Tapisserie relevant und welche Aneignungsstrategien finden sich in zeitgenössischen Tapisserien, deren Entwürfe längst nicht mehr nur von MalerInnen stammen? Vor welchem Hintergrund haben sich so unterschiedliche KünstlerInnen wie Jean Lurçat (Erneuerer der Tapisserie in Aubusson), Anni Albers (Bauhaus), oder Le Corbusier (Muralnomad) im 20. Jahrhundert der Tapisserie zugewandt und die Entwicklung des Mediums vorangetrieben? Welche Ansätze und Interessen haben sie verfolgt, die heute noch fortwirken? Welche Entwicklungen lassen sich anhand der Öffnung der Gattungsgrenzen zum erweiterten Begriff der Fiber Art (vgl. Tapisserie-Biennalen in Lausanne) ablesen?

Ziel des Studientags ist es, durch eine systematische und historische Auseinandersetzung zur Diskussion über Textilkunst beizutragen, die Rolle der traditionsreichen französischen Tapisserien weiterzudenken und ein Diskussionsforum für junge WissenschaftlerInnen zu bieten. Ein Studium der Originale erlaubt dabei eine besondere materialikonographische und -technische Berücksichtigung der Werkgenese.

Die in der Ausstellung vertretenen KünstlerInnen sind: Martine Aballéa, Yaacov Agam, Louis Anquetin, Michel Aubry, Émile Beaume, Pierrette Bloch, Robert Bonfils, Louise Bourgeois, Alexander Calder, Paul Charlemagne, Eduardo Chillida, Le Corbusier, Marc Couturier, Christophe Cuzin, Sonia Delaunay, Georges Desvallières, Pierre-Henri Ducos de la Haille, Maurice Dufrène, Raoul Dufy, Paul-Armand Gette, Raymond Hains, Hans Hartung, François-Xavier Lalanne, Fernand Léger,  Jean Lurçat, Pierre Marcel-Beronneau, André Masson, Henri Matisse, Jean Messagier, Joan Miró, François Morellet, Orlan, Werner Peiner, Alicia Penalba, Pablo Picasso, Gérard Schlosser, Alain Séchas, Jana Sterbak, Patrick Tosani, Victor Vasarely, Edmond Yarz und Zao Wou-Ki.

BEITRÄGE:
Julia Bondl // Die wechselseitige Inspiration zwischen Handwerk und Kunst am Beispiel von Henri Matisses Tapisserie „Die Lautenspielerin“ (1947-49)
Anne Röhl //Schall und Rauch: Flüchtige Phänomene in den Tapisserien von Pae White und Jana Sterbak
Scarlett Dessilla // Lenore Tawney und das open warp weaving
Karl Borromäus Murr // Tapisserie-Editionen zeitgenössischer Kunst im tim, Augburg
Estelle Vallender // Disfiguration-Refiguration, Proto-Colombian, Self-Hybridation, Nr. 4” von 2016 (Entwurf 1998) der französischen Künstlerin ORLAN
Markéta Vinglerová // Mindestens eine gute Tapisserie schöpfen. Schicksalhafte Begegnungen des tschechischen Textilkünstlers Josef Müller und Jean Lurçat
Diana Schuster // Produktion – Reproduktion. Adraian C. van Rees-Dutilh und die fruchtbare Lücke der Kollaboration
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KONZEPTION
: Ursula Ströbele (Studienzentrum zur Kunst der Moderne und Gegenwart, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München) und Carina Kaminski (Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung, München)

Die Veranstaltung ist nicht öffentlich.

Mit freundlicher Unterstützung der Richard Stury Stiftung, München

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