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Workshop // Kristin Weber: Der Körper als Zeichenträger in der zeitgenössischen Fotografie

Termindetails

Wann

05.07.2023
von 12:00 bis 13:00

Wo

Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Raum 242, II OG

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In der zeitgenössischen Fotografie zeigt sich die Tendenz zu seriellen Portraitaufnahmen von frontal in die Kamera blickenden Menschen vor neutralem Hintergrund. Die Aufnahmen widmen sich ganz dem Individuum, während gleichermaßen eine Vielzahl dieser Individuen durch stilistische Übereinstimmungen der Aufnahmen und Ähnlichkeiten der Merkmale in einer Gruppe zusammengefasst werden können. Diese Serialität lässt Prozesse sichtbar werden und schafft eine Vergleichbarkeitsebene – zwei Aspekte, die im Zusammenhang mit Identitätsfragen aufschlussreich sein können.
Foto einer jungen Frau in blauem Kleid auf einer Straße in Budapest. Fotograf: Zoltán Jókay
Untersuchungsgegenstand des Forschungsvorhabens sollen diese Visualisierungsstrategien innerhalb der zeitgenössischen Fotografie sein, die vor allem durch die Hervorhebung des Körpers individuelle wie auch universelle Merkmale sichtbar machen und damit als Ausgangspunkt für Überlegungen zur Identitätsentwicklung betrachtet werden können. Dem Körper wird die Bedeutung eines Zeichenträgers zugeordnet, dessen Beschaffenheit Ausdruck von Erfahrung und dessen Haltung von kulturell bedingter Sozialisierung aufgeladen sein kann. Besonders ergebnisreich sind dabei Momentaufnahmen, die in Phasen des Übergangs entstanden sind. Die Arbeit wird deshalb zeitgenössische Fotografien untersuchen, die sich auf Pubertät, Schwangerschaft und das Altern konzentrieren, da sich in diesen Lebensphasen akute Identitätsfragen ergeben können.

Gerade in Zeiten von globalen Krisen, zunehmender Mobilität und Migration sind Fragen der Identitätsentwicklung aktueller denn je. Obwohl sich eine Zuschreibung von Charaktereigenschaften auf Grund von äußerlichen Merkmalen als längst überholt herausgestellt hat, halten sich weiterhin rassistische und sexistische Theorien, die sich an ebensolchen obsoleten Vorstellungen orientieren. Eine Auseinandersetzung mit sozio-kulturellen Hintergründen zur Entwicklung von Identität ist in diesem Kontext weiterhin bedeutend. Das Medium der Fotografie scheint durch das vermeintliche Abbilden der Realität und der mit dem Vorgang des Fotografierens verbundenen Vorstellung der Selbstpräsentation als besonders geeignet, um über Fragen der Identität zu reflektieren.

Das Forschungsvorhaben beabsichtigt neue Erkenntnisse bezüglich der Disposition des Körpers als Träger sozio-kulturell immanenter Zeichen hervorzubringen und seine Bedeutung als Übermittler von Universalität wie auch Individualität zu verdeutlichen. Die Arbeit berücksichtigt damit kulturwissenschaftliche Aspekte und führt vor Augen, dass Identität kein unveränderliches statisches Konstrukt darstellt, sondern Diversität und Wandelbarkeit beinhaltet. Dabei werden ebenfalls Fragen der Zuschreibung, auf Grund von Herkunft oder Geschlecht und deren gesellschaftlicher Bedeutung thematisiert.

[Abbildung: Zoltán Jókay, Ohne Titel aus der Serie Erwachsen Werden, Budapest 2002, ca. 40 x 50 cm, C-Print. © Zoltán Jókay]