Current Research // Lektüreseminar am ZI mit Beniamino Foschini : Eine Akademie für sich allein? Das Symposium „Kunst und/von Frauen“ 1982
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von 14:15 bis 16:00
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Das Lektüreseminar diskutiert jüngst publizierte Arbeiten oder aber weitgehend abgeschlossene Manuskripte. Die Texte werden im Voraus an die Teilnehmenden verschickt und dann gemeinsam mit den Autorinnen und Autoren diskutiert.
Kaum bekannt ist, dass vom 17. bis 28. Mai 1982 an der Akademie der Bildenden Künste München ein umfangreiches Symposium zur Künstlerinnenschaft stattfand. Unter dem Titel Kunst und/von Frauen versammelte es für die damalige Zeit relevante, aufstrebende und etablierte Persönlichkeiten aus Kunstpraxis, -theorie, -kritik, -geschichte und -pädagogik aus Westdeutschland, Österreich und der Schweiz, darunter Renate Berger, Miriam Cahn, Margarethe Jochimsen, Gislind Nabakowski, Erica Pedretti und VALIE EXPORT.
Besonders bemerkenswert ist die Entstehung des Symposiums: Nicht der Lehrkörper, sondern die Künstlerin und Bibliothekarin Heidrun Schimmel sowie das Kunstkollektiv WeibsBilder (Lisa Endriß, Lilith Lichtenberg, Alrun Prünster Soares, Sara Rogenhofer und Ursula Strauch-Sachs) initiierten und organisierten das Projekt. Obwohl die Gruppe WeibsBilder die Organisation verließ, nahm sie weiterhin als Tutorin teil. Die Veranstaltung besaß eine hybride Struktur und verband Workshops, Filmvorführungen, Vorträge, Konzerte, interne und öffentliche Debatten sowie Ausstellungen von Studentinnen und Alumnae.
Die thematischen Schwerpunkte der Beiträge fokussierten erstens die gesellschaftliche Rolle der Frau als grundlegenden analytischen Rahmen; zweitens radikale Repräsentationen von Weiblichkeit im Spannungsfeld von Körperlichkeit und Ästhetik; und drittens die strukturelle Marginalisierung nicht-traditioneller künstlerischer Materialien und Verfahren innerhalb der akademischen Lehre. Diese Felder spiegelten zentrale Debatten des feministischen Diskurses der frühen 1980er Jahre wider, in denen ein Paradigmenwechsel sichtbar wurde: weg von einem auf Selbsterkenntnis und Bewusstseinsarbeit basierenden Ansatz hin zu Prozessen der Selbsterforschung, zu utopischen Entwürfen und zu kollektiver Solidarität.
Dieser Workshop eröffnet Diskussionen auf mehreren Ebenen: von der genealogischen Rekonstruktion feministischer Kunstverständnisse als Ergänzung heutiger postfeministischer Ansätze über die Sichtbarmachung vergessener Ereignisse der Münchner Kunstgeschichte bis hin zur Analyse der Kunstpolitik rund um die Akademie – und damit einer kritischen, historisch fundierten Untersuchung akademischer Institutionen.
Beniamino Foschini (dr. des.) ist Dozent für Ästhetik im Studiengang Regie an der Theaterakademie August Everding, München. Seine Forschungsschwerpunkte liegen bei künstlerischen und intermedialen Phänomenen des 20. und 21. Jahrhunderts. Methodisch arbeitet er vornehmlich mit interpikturalen Analysen, die verbindende Leitmotive und -verfahren zwischen Kunst- und Kulturartefakten, Netzwerken, Populärkultur und Massenmedien herausarbeiten. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf subversiven Strategien wie Ironie, Groteske, Karikatur, Parodie und Pastiche sowie deren ästhetischer und gesellschaftlicher Wirksamkeit.
Aufsätze und Rezensionen von Foschini wurden unter anderem in Cahiers d’études germaniques, K. Revue Trans-Européenne de Philosophie et Arts, Kunstchronik und Zeszyty Artystyczne publiziert. Kürzlich präsentierte er auf dem XI. World Congress des International Council for Central and East European Studies (ICCEES) am University College London den Vortrag „Staging the Crucible. Painted Narratives and Satirical Musings in Moscow 1909–1910”. Ebenfalls jüngst erschienen ist sein Beitrag „Rosemarie Trockel. Bildparodie als Entthronung von Heldentümern” in Cahiers d’études germaniques. Demnächst erscheint sein Buch Mnemonics of Difference. Kazimir Malevich and Visual Parody, 1907–1913, gefördert von der Malevich Society (New York).
Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit ist Foschini als Kunstkritiker für Zeitschriften zur zeitgenössischen Kunst – zuletzt für das Spike Art Magazine – sowie als freischaffender Kurator tätig. Derzeit widmet er sich einer Studie zu den Strategien und Netzwerken von Künstlerinnen und weiteren Akteurinnen in München in den 1970er- und 1980er-Jahren.
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Teilnahme am Lektüreseminar nur nach Anmeldung: seminar@zikg.eu.
Das Seminar findet in englischer Sprache statt.