Katharina Jörder // Erden und Pflanzen als Material und Zeuginnen kolonialer Vergangenheiten in künstlerischen Geschichtsschreibungen Afrikas und seiner Diaspora
Zunehmend treten Erden ebenso wie Pflanzen als Material und Zeuginnen der Geschichte in das Blickfeld künstlerischer Auseinandersetzungen mit kolonialen Vergangenheiten. Die Ergebnisse wurden unter anderem in den Ausstellungen Botany under Influence (Apex Gallery, New York, 2016) oder Garten der irdischen Freuden (Martin Gropius Bau, Berlin, 2019) präsentiert. 2023 zeigten die Galerie im Körnerpark (Berlin) und die Johannesburg Art Gallery die Ausstellung Soil Conversations. In einigen der gezeigten Werken lenkten die Künstler:innen den Blick weg von einer rein romantisierenden Darstellung von Erden und Pflanzen und fokussierten diese stattdessen als politisch involvierte Akteur:innen. Sie förderten die oftmals unbekannten kolonialhistorischen Dimensionen und politischen Verflechtungen von Erden und Pflanzen zutage, verwiesen auf das verlorengegangene indigene Pflanzenwissen, legten die hinter Benennungs- und Klassifizierungssystemen verborgenen Machstrukturen offen. Zudem führten sie die globale Verbreitung von Erden und Pflanzen auf Migration und Handel während der Kolonialzeit zurück und verstanden Erden als Archive von Geschichte(n) sowie Erinnerungsspeicher. Themen wie Spiritualität und Extraktivismus wurden dabei ebenso verhandelt wie Fragen der Identität und Zugehörigkeit.
In meinem Forschungsprojekt widme ich mich Erden und Pflanzen als Material und Zeuginnen kolonialer Vergangenheiten in künstlerischen Geschichtsschreibungen Afrikas und seiner Diaspora. Den Themenkomplex des Erinnerns, Archivierens und Speicherns in den Mittelpunkt stellend, untersuche ich anhand ausgewählter Fallbeispiele, wie Künstler:innen Wissen über Erden sowie Pflanzen generieren und welche Geschichten sie mithilfe dieser als Material und Zeuginnen entwickeln. Es gilt es zu fragen, inwiefern die Künstler:innen tradierten geschichtswissenschaftlichen Methoden verhaftet bleiben. Gelingt es ihnen, Leerstellen zu füllen oder widerständige Narrative zu dominanten Historiografien der kolonialen Vergangenheiten in afrikanischen Kontexten zu produzieren?
[Caption: Katharina Jörder, Ohne Titel, 2024.]