Thomas Reiser // Übersetzung der „Hypnerotomachia Poliphili“ mit philologisch-mythologischem Kommentar (als Teil einer Studienausgabe)
Projektbeschreibung
Eine deutsche Übersetzung der „Hypnerotomachia Poliphili“ (im Folgenden HP) des Francesco Colonna (Venedig 1499) wird derzeit als eines der dringlichsten Desiderate der modernen Renaissanceforschung wie auch der Quellenerschließung von mehreren Seiten mit unterschiedlichem Ziel und Ansatz verfolgt.
Die von mir begonnene Übersetzung ist konzipiert als Hauptteil und Arbeitsgrundlage einer kommentierten interdisziplinären Studienausgabe, welche in Kooperation mit Frau Prof. Dr. Uta Schedler (Kunstgeschichte Osnabrück) erstellt werden wird. Vorbild hierfür ist die Edition von Ariani/Gabriele (zuerst Mailand 1998, 2. Aufl. ebd. 2005). Der Originaltext der HP ist hinsichtlich der Grammatik wie des Wortschatzes in einer Mischsprache aus relatinisiertem, von Gräzismen durchsetztem Italienisch abgefasst, das sich durch eine Fülle eingeflochtener Hapaxlegomena und Neologismen auszeichnet. In seiner semantischen wie transtextuellen Vielschichtigkeit ist er daher nur wenigen, humanistisch bewanderten Spezialisten tatsächlich zugänglich. Interessierte beschränken sich daher häufig entweder auf die Analyse der eigentlich vom Text untrennbaren, doch immer wieder dekontextualisierten Holzschnitte oder greifen auf paraphrasierende und damit sinnentstellende Darstellungen oder bisherige Übersetzungen zurück. Von jenen sind die beiden französischen (1546 und 1883) und die frühe englische (ab 1592) selbst als Interpretationen der HP und in ihrem Nachleben als eigenständige historische Quellen anzusehen. Neben der neuitalienischen Übertragung durch die besagten Ariani/Gabriele ist die am weitesten verbreitete Ausgabe derzeit die unkommentierte und an ein Massenpublikum gerichtete englische Übersetzung des Musikhistorikers Joscelyn Godwin.
Das besondere Anliegen meiner Übersetzung ist es, in größtmöglicher syntaktischer Nähe zum Original und in ähnlich sprachschöpferischer Fülle die Vielschichtigkeit des Leseerlebnisses in die deutsche Sprache zu transponieren.
Da eine solche ‚literarische’ Übertragung nicht allein stehen kann, wird mein Teil des Kommentares sprachliche Besonderheiten, Literaturbezüge und narrative Strukturen erschließen. Frau Schedler wird ihn von kunsthistorischer Seite ergänzen. In Zusammenarbeit werden abschließend die philosophiegeschichtlichen Fragen vor dem Hintergrund des erschlossenen Gesamtwerkes behandelt werden. Zur Einführung und Abrundung sind zudem mehrere einführende Aufsätze vorgesehen.