Claudia Schwaighofer // Die Erforschung einer „Geteilten Sammlung“ – Graphische Bestände des ehemaligen Kölner Jesuitenkollegs in Paris
Projektbeschreibung
Nachdem im Frühjahr 1794 die linksrheinischen Gebiete durch die französische Revolutionsarmee erobert worden waren, wurde die freie Reichsstadt Köln im Oktober desselben Jahres eingenommen. In den besetzten Gebieten wurden sämtliche Kunst- und Kulturgüter durch die Commission des sciences et arts konfisziert und nach Paris gesandt.
Am 5. November 1794 verschafften sich die Kunstkommissare Charles Dewailly (1729–1798), Gaspard-Michel Leblond (1738–1809), Barthélémy Faujas de Saint-Font (1741–1814) und André Thouin (1747–1823) Zutritt zur Bibliothek des ehemaligen Kölner Jesuitenkollegs. Dort befand sich die graphische Sammlung, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu Unterrichts- und Lehrzwecken am Gymnasium Tricoronatum eingerichtet worden war. Sie umfasste rund 33.000 Blatt und galt in ihrer Art als einzigartig in Europa. Zu ihrem Bestand gehörten beispielsweise Originalgraphiken von Albrecht Dürer oder Hendrick Goltzius ebenso wie Reproduktionsgraphiken der Werke Michelangelos, Raphaels oder Tizians. Stellvertretend für den Zeichnungsbestand sei auf jeweils zwei Bände mit Landschaftsdarstellungen von Paul Bril und Pieter Brueghel sowie auf weitere zehn Bände mit Zeichnungen des römischen Barockmalers Carlo Maratti und dessen Werkstatt verwiesen.
Die insgesamt 215 Klebebände mit fast 27.000 Blättern Druckgraphik und über 6000 Zeichnungen wurden in den ersten Monaten des Jahres 1795 in der Pariser Bibliothèque Nationale registriert. 1815 konnte der Volontär-Offizier H. Eberhard von Groote nur 7470 Druckgraphiken und 523 Zeichnungen nach Köln zurückbringen, die dort in das Eigentum des Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds übergingen. Diese befinden sich heute im Besitz des Wallraf-Richartz-Museums/ Fondation Corboud. Der weitaus größere Teil der Sammlung blieb in Paris und ist in den Beständen der Bibliothèque Nationale sowie in der Graphischen Sammlung des Louvre zu finden.
Ziel des Forschungsprojektes ist die Aufarbeitung des in der Bibliothèque Nationale und im Louvre verbliebenen Teils der Sammlung. Der französische Bestand soll gesichtet, identifiziert und erfasst werden. Ebenso soll die Geschichte der jesuitischen Sammlung seit dem Abtransport aus Köln im Jahr 1794 historisch dokumentiert werden.