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Julia Weber // Original – Kopie – Fälschung. Meißener Porzellane nach ostasiatischen Vorbildern

Projektbeschreibung

Ausgangspunkt des Dissertationsvorhabens sind die Meißener Porzellane mit Dekoren nach ostasiatischen Vorbildern der Stiftung Ernst Schneider in Schloss Lustheim bei München, einem Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums, die in einem Bestandskatalog dokumentiert werden. Die eingehende Beschäftigung mit diesen Exponaten führte zu der grundsätzlichen Frage nach dem Verhältnis der sächsischen Substitute zu den ostasiatischen Originalen.

Von Beginn an wurden die ersten europäischen Hartporzellane aus Meißen an den fernöstlichen Importgütern gemessen, denen sie nacheiferten. Nach erfolgreicher Etablierung der in Europa einzigartigen Manufaktur begann August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König in Polen, eine der umfangreichsten Sammlungen ostasiatischen Porzellans zusammenzutragen, die er in einem eigenen Lusthaus am nördlichen Elbufer gemeinsam mit den sächsischen Produkten präsentierte. Um alle Räume des ab 1727 zu einer Vierflügelanlage erweiterten Japanischen Palais mit symmetrischen Wandarrangements ausstatten zu können, bestellte er in seiner Manufaktur Kopien nach Originalen aus seiner Sammlung, die den Bestand fernöstlicher Porzellane ergänzen sollten. Die gemeinsame Aufstellung ostasiatischer und sächsischer Fabrikate hätte die Ebenbürtigkeit letzterer mit den vorbildhaften Importgütern vor Augen geführt.

Doch kam es im Jahr 1730 zu einer entscheidenden Planänderung. Sie ist mit der sog. „Hoym-Lemaire-Affäre“ in Verbindung zu bringen, die, gestützt auf teils bereits publizierte, teils bislang unberücksichtigte Quellen, erstmals detailliert rekonstruiert werden soll. Für den Pariser Händler Rodolphe Lemaire, der mit Unterstützung des sächsischen Staatsministers und Manufakturdirektors Graf von Hoym agierte, wurden in Meißen Porzellane gefertigt, bei denen es sich um exakte Kopien vorwiegend nach den in Frankreich besonders gefragten japanischen Porzellanen im Kakiemon-Stil aus der königlichen Sammlung handelte. Gegen den Willen Augusts des Starken wurden die Schwertermarken in Auf- statt Unterglasurblau aufgemalt, um später wieder abgeschliffen werden zu können. Tatsächlich gelang es Lemaire und seinen Partnern, Meißener Imitationen als fernöstliche Originale auszugeben und in Paris an namhafte Sammler teuer weiterzuverkaufen. Doch schon bald war man dort vor den neuartigen Importen aus Sachsen gewarnt, die dennoch gerade deswegen große Aufmerksamkeit, erregten, weil anerkannte connaisseurs sie zunächst für „echt“ ostasiatisch gehalten hatten. Erstmals soll die in Frankreich zwischen Händlern und Sammlern, Forschern und Ökonomen geführte Debatte um die Bewertung der Meißener Porzellane im Vergleich mit den fernöstlichen Importen nachgezeichnet werden. Aus ihr geht hervor, dass die Meißener Manufaktur mit den von Lemaire ursprünglich als Fälschungen in Auftrag gegebenen qualitätsvollen Kopien Anerkennung auf dem wichtigsten europäischen Luxusmarkt erringen konnte. Es wird zu zeigen sein, dass dieser große Erfolg auch in Sachsen zu einer neuen Wertschätzung des landeseigenen Produkts führte. Dort gelangte man zu der Überzeugung, dass dieses den Importen aus Fernost nicht mehr nur gleichwertig war, sondern dass die chinesischen und japanischen Arbeiten übertroffen wurden. Die Neubewertung des landeseigenen Produkts fand ihren Ausdruck in den Neuplanungen für das Japanische Palais, wonach die Meißener Porzellane die Beletage schmücken und somit sinnfällig über die ostasiatischen Porzellane im Erdgeschoss erhoben werden sollten.

Kontakt

Prof. Dr. Iris Lauterbach

Team