Round-Table-Gespräch mit Impulsvorträgen // Welche Erkenntnisinteressen und Funktionen hat die Kunstgeschichte heute und in Zukunft?
Termindetails
Wann
von 18:15 bis 20:00
Wo
Wer will was warum wissen? Und inwiefern ist das steuergeldfinanzierte akademische Fach Kunstgeschichte seinerseits rechenschaftspflichtig? Gut zehn Jahre nach Barack Obamas Rat an Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker, doch lieber in einer Fabrik zu arbeiten, weil man dort mehr verdienen könne, ist eine neuerliche Verortung das Gebot der Stunde: Wer braucht die Kunstgeschichte eigentlich, und wofür? Welches allgemeinere Erkenntnisinteresse steht heutzutage hinter der Beschäftigung mit ihren Objekten und Gegenstandsbereichen, welches hat sich als obsolet erwiesen? Und welche Rolle spielt historisches Denken ganz allgemein – noch? – für das Selbstverständnis unseres Faches?
Das dritte Panel unserer Erkundung zum Stand der Dinge will zum einen den Stellenwert tradierter Fragehorizonte ventilieren: Was geht nicht mehr oder interessiert nicht mehr (Faltenzählerei)? Was ist noch akzeptabel (Kunst im Kontext)? Was wird unterdessen von der next generation gewünscht oder für erforderlich erachtet, aber nicht angeboten? Wie altbacken, topaktuell und relevant ist die Beschäftigung mit Prozessen der Formwerdung, mit Produktion, Distribution und Rezeption von alter und moderner Kunst? Zum anderen soll dezidiert erörtert werden, ob es eine Bringschuld und spezifische Verantwortung des Faches gibt: Muss der Elfenbeinturm gegen die Zumutungen virulenter gesellschaftlicher Debatten verteidigt werden, oder gilt es vielmehr diese aktiv zu appropriieren? Wer hält welchen Weg warum für konsensfähig? Brauchen wir mehr oder weniger Spezialistinnen und Spezialisten sowie Nerds?
Moderation: Christian Fuhrmeister, Léa Kuhn (ZI)
Impulsvorträge:
- Das Fach Kunstgeschichte scheint eine genetische Veranlagung zu Minderwertigkeitskomplexen zu haben. Seit Jahrzehnten kommen in regelmäßigen Abständen Zweifel an der eigenen gesellschaftlichen Relevanz, der Anschlussfähigkeit der eigenen Methoden und dem Repertoire der Forschungsgegenstände (Angst vor dem Kanon) auf. Kritische Selbstreflexion ist immer gut, aber kaum ein Fach ist so locker bereit, die eigenen Kernkompetenzen über Bord zu werfen.
Sibylle Ebert-Schifferer studierte Kunstgeschichte, Musikwissenschaft, Theaterwissenschaft und Philosophie in München und an der TU Berlin. Nach Tätigkeiten im Ausstellungs- und Museumswesen, zuletzt als Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, war sie von 2001-2018 Direktorin an der Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rom. Von 1997-2001 war sie Erste Vorsitzende des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker, 1998-2004 Mitglied im deutschen Nationalkomitee des CIHA.
- Die Zeit der Monster. „Die alte Welt liegt im Sterben, die neue ist noch nicht geboren“ schreibt der Kommunist und Philosoph Antonio Gramsci im Jahr 1930 und greift damit das vorweg was der Philosoph Giorgio Agamben 2003 als Ausnahmezustand bezeichnet.
Inmitten dieser Zeit der globalen Multikrise/n befindet sich die Kunst und fordert uns regelrecht auf „auf das Soziale zu stoßen“ (Held/Kleine-Benne 2022). Während einige Wenige Versuche unternehmen, dies zu tun, und auf Leerstellen im Wissen und Methoden der Disziplin hinweisen, scheint die Handlungsaufforderung nicht aufzugehen.
In meinem Vortrag möchte ich deswegen auf Grundlage einer machtkritischen Befragung der Disziplin die Handlungsanweisung aufnehmen und so als Kunstwissenschaftlerin in den Austausch mit den Monstern unserer Zeit treten.
Sophie Eisenried (sie/ihr) ist Kuratorin, Kunstwissenschaftlerin und Autorin. Sie beschäftigt sich mit intersektionalen Kunsttheorien und Institutionskritik/en, mit der Frauenbewegung, globalen Protest- und Streikgeschichte/n und damit einhergehenden künstlerisch-aktivistischen Praktiken sowie Theorien der Raumaneignung. Derzeit arbeitet sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Käte Hamburger Kolleg global dis:connect der LMU München sowie als freischaffende Kuratorin. In ihrer Dissertation arbeitet sie zu autonomen, feministischen Gegen/Positionen und Gegen/Räumen seit den 1970er-Jahren.
- Gelingt es der Kunstgeschichte, ihren Eigen-Sinn gegen gesellschaftliche und hochschulpolitische Anpassungs- und Verwertungszwänge zu bewahren und immer wieder neu zu finden? Worin besteht die Gegenwartsrelevanz historischer Kunst? Was heißt Historisierung der Gegenwartskunst?
Verena Krieger hält den Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zu ihren Forschungsinteressen gehören ästhetische Ambiguität, Collage/Montage, Denkmal und Erinnerungskultur, Zeitlichkeit in der Kunst, Konzepte des Künstlers und der Kreativität sowie die Politik der Kunst. Zudem kuratiert sie zusammen mit Studierenden Ausstellungen und Kunstprojekte.
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