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Konrad Krčal // Über die Ordnung und Unordnung von Wissen. Barockforschung als gattungstheoretische Chance

Gattungen sind ungebrochen relevante Kategorien der Rezeption und Produktion von Kunst und anderer kultureller Artefakte. In der Kunstgeschichtsschreibung dominieren jedoch Gattungsbegriffe, die über sachliche Bestimmungskriterien für die klassischen westeuropäischen Gattungen der Malerei kaum hinaus gehen oder diese für andere Objektgruppen in einer limitierenden Auffassung von Gattung imitieren.
In meiner Beschäftigung mit einer multimedialen Gattung der frühen Neuzeit, dem druckgrafisch illustrierten Thesenblatt, wurde ich unmittelbar mit der Frage konfrontiert, welche Klassifikationen für die Erforschung solch proteischer Objekte geeignet sein könnten und wie diesbezügliche gattungstheoretischen Überlegungen kulturgeschichtlich zu verorten sind. Im Zentrum meines Publikationsprojekts steht das Zitat und davon abgeleitet das Gattungszitat, eine semiotische Instanz, die als Triebkraft von Gattungsgenese und -subversion identifiziert wird. Veritable Gattungen des Zitats ¬– diverse Formen der Parodie und mediale Übersetzungsversuche wie die Reproduktionsgrafik – sind nur die deutlichsten Manifestationen von Gattungszitaten innerhalb einer Kunstproduktion, die topischen Wissensformen wie der Emblematik, Personifikation und religiöser Ikonographie eine tragende Rolle zuweist. Die Betrachtung von Gattungsrelationen als dynamische, mithin subversive Kontinua ermöglicht eine Neubewertung der Bedeutung von Gattungsbegriffen für die Produktion und Rezeption von Kunst. Ziel des Projekts ist keine abgeschlossene, präskriptive Gattungstheorie, sondern die Eröffnung eines Reflexionsraums und die Arbeit an Begriffen, die für die Beschäftigung mit Gattungen wie dem illustrierten Thesenblatt in ihren kulturhistorischen Kontexten relevant sind.
 
[Abbildung: Sebastian Stoskopff, Trompe-l’œil mit Kupferstich der Galatea, ca. 1651, Öl auf Leinwand, Wien, KHM, Quelle: wikimedia commons]

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