Workshop Sebastian Karnatz
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Wann
von 17:00 bis 19:00
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Bild und Macht – das Nibelungenlied in der Monumentalmalerei
Seit seiner neuzeitlichen Wiederentdeckung 1755 in Hohenems hat das mittelhochdeutsche Nibelungenlied zahlreiche pikturale Transformationen erfahren, die die überlieferungsbedingten Leerstellen und Brüche des Textes zum Ausgangspunkt semantischer Umdeutungen machten. Diese spezifische Form der bildlichen Rezeption ist nicht zuletzt durch die fehlenden zeitgenössischen, mittelalterlichen Illustrationen begründet. Die einzige durchgehend bebilderte Handschrift, der sog. Hundeshagensche Codex aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, wurde erst nach dem Tod seines Besitzers und Namensgebers Helfrich Bernhard Hundeshagen im Jahr 1858 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Ausgehend von den gleichsam kanonischen Umsetzungen des Stoffs in der Monumentalmalerei durch Julius Schnorr von Carolsfeld im Königsbau der Münchener Residenz sollen exemplarisch zwei jüngere Lesarten des Textes ausführlicher besprochen werden: Ferdinand von Wagners Fresken im großen Rathausaal der Stadt Passau, die 1893 an der Schwelle zum 20. Jahrhundert entstanden, und Albert Burkarts monumentales Nibelungenfresko für den Fahnensaal des Fürstenfeldbrucker Fliegerhorsts, das von 1939 bis 1940 angebracht wurde.
Für den Workshop stehen Fragen nach den jeweiligen ideengeschichtlichen Aneignungsmodi der monumentalen bildlichen Umsetzungen im Vordergrund. Es soll ausgehend von den Befunden der neueren germanistischen Forschung, also auf Basis des überlieferten Handschriftenkorpus, eine Tradition der politischen Umdeutung des Nibelungenstoffs aufgezeigt werden, die von Schnorrs Nibelungenfresken für König Ludwig I. bis hin zu den nationalsozialistischen Nibelungenaneignungen Albert Burkarts reicht.